Renate Bergmann ist 82 Jahre alt. Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was nach ihrem Tod geschieht. Wie und wo will sie beerdigt werden? Wem vererbt sie was? Wie machen das eigentlich die anderen? In dem ihr eigenen Stil erzählt Renate wie das so ist mit dem Leben, dem Sterben und dem Erben und welche Verantwortung damit einhergeht. Denn merke: Wer erbt, muss auch gießen!
Renate über den Leichenschmaus: „Eine Zeitlang sind wir mit Kühltasche gegangen, aber auch wenn Ilse uns dezente schwarze Schonüberzieher geschneidert hat, fielen wir damit unangenehm auf. … Ich hab nur noch die Aufschnittdose dabei, die in die Handtasche passt, damit fällt man nicht auf. Da passen acht Stück Zuckerkuchen rein, ein gutes Pfund Aufschnitt, zwei Portionen „Märkische Hochzeitssuppe mit Klößchen“ oder sechs Schreiben gemischter Braten mit Soße und Gemüse, je nachdem was es gibt.“
Renate Bergmann ist mit 82 Jahren jetzt durchaus in einem Alter in dem man sich über das Sterben Gedanken machen muss. Schon vier Ehegatten hat sie zu Grabe getragen. Das beschert ihr nun eine regelmäßige Runde über vier Friedhöfe in Berlin. Da kann sie schon mal sehen, welche Möglichkeiten es für sie gibt, wenn sie das zeitliche segnet.
Aber eigentlich ist schon klar, dass sie zu Walter, ihrem letzten Gatten, mit ins Grab muss. Würde sie einen der vorherigen Männer erwählen, gäbe das ja nur Gerede bei den Kindern. Von wegen sie hätte den Walter ja nie wirklich geliebt, das hätte man schon immer gewusst und so.
Darüber hinaus gibt es aber noch genug zu entscheiden hinsichtlich der Beerdigungsmodalitäten. Und nicht zu vergessen die Erbschaft. Natürlich bekommt ihre Tochter Kirsten ihren Pflichtteil. Und den Smufiemacher, den sie Renate so großzügig überlassen hat beim letzten Besuch. Von dem ist Renate ganz begeistert. Obwohl sie ja sonst von Dingen die ihre Tochter anschleppt und plant ja nicht viel hält. Vorsorglich ist Kirstens Name schon unten an den Smufiemacher geklebt, damit gleich klar ist wer den kriegen soll. Das hat Renate bei anderen Dingen auch schon gemacht. So Aufkleber drunter mit Namen drauf.
Ganz im Gegensatz zu Gertrud. Ihre Freundin ist doch sehr wankelmütig was ihre Beerdigung angeht. Ohnehin hypochondrisch veranlagt, scheint jeder Geburtstag der Letzte zu sein. Dementsprechend gibt sie auch auf jeder Feier den einzelnen Familienmitgliedern Anweisungen, wie sie zu Grabe getragen werden will. Allerdings variieren ihre Wünsche stark. Nicht von Jahr zu Jahr, sondern von Stunde zu Stunde. Will Gertrud beim Kaffeetrinken noch in einer groben Holzkiste verscharrt werden, so soll zum Abendessen ihr Leichnam auf einer Kutsche von vier Rappen gezogen werden.
Das ist für Renate ja nichts. Wenn sie vielleicht noch nicht genau weiß, was sie will, aber sie weiß schon mal was sie nicht will. Und das ist doch auch was. Und ein paar Jahre hat sie ja sicher auch noch Zeit.
Als würde man Oma zuhören – mit Tränen in den Augen
Was für ein Spaß. Als würde man seiner schrulligen Oma zuhören. Genauso liest sich das Buch. Renate palavert einfach drauf los, kommt vom Thema ab, flicht Anekdoten über Freunde und Familie ein (besonders die mit Kirsten und dem „Smufiemacher“ hat mir gefallen) und findet zum Thema zurück. Es ist eine Freude das zu lesen.
Ich habe mich köstlich amüsiert. Oft habe ich mir das Lachen nicht verkneifen können oder hatte Tränen in den Augen vor lauter Lachen. Schon aus „Das bisschen Hüfte, meine Güte“ sind mir Kurt und Ilse und Gertrud und Kirsten bekannt. Es ist schön, sie hier alle mit ihren Eigenheiten und Macken wieder zu sehen.
Die perfekte Lektüre, wenn man es nicht zu ernst sein soll. Unbedingt lesen!
Autorenporträt
Renate Bergmann, geb. Strelemann, wohnhaft in Berlin. Trümmerfrau, Reichsbahnerin, Haushaltsprofi und vierfach verwitwet: Dahinter steckt Torsten Rohde, Jahrgang 1974, der in Brandenburg/Havel BWL studierte und als Controller gearbeitet hat. Sein Account @RenateBergmann entwickelte sich zum Internet-Phänomen. Seine bisherigen drei Bücher waren große Erfolge und standen mehrere Monate auf der Bestsellerliste.
Buchinfo
„Wer erbt, muss auch gießen“ von Renate Bergmann, erschienen bei rororo
Taschenbuch: 208 Seiten, € 9,99, ISBN: 978-3-499-27291-2
eBook: 208 Seiten, € 9,99, ISBN: 978-3-644-40006-1
Quellen
Bild+Autorenporträt: www.rowohlt.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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