Der Zweite Weltkrieg ist (noch) in vollem Gange. An den Fronten werden die Deutschen zurück getrieben. Flüchtlinge aus dem Osten strömen in Richtung Westen. Auch durch Dresden ziehen unzählige Menschen auf der Suche nach einer neuen Bleibe und Sicherheit. Ausgerechnet jetzt treibt ein Mörder sein Unwesen. Kriminalinspektor Max Heller sieht sich mit verstümmelten Opfern konfrontiert. Dazu mit einem Vorgesetzten der ihm Steine in den Weg legt und generell einer entbehrungsreichen Notlage, die mit jedem Tag schlimmer wird. Was zählen in diesen furchtbaren Tagen die paar geschändeten Leichen mehr?
„Es war eine Hölle aus Hitze und Donner, aus grellem Licht und dunklem Schatten, in dem schwarze Teufel hockten, die Menschen verschlagen. Ein Grollen wie ein nie endendes Gewitter, ein Heulen und Saugen, Sturm zerrte an seinem Jackenrevers, an seinen Haaren, ein heißer Orkan, der auch ihn entzünden wollte. Eine Feuerwalze raste durch die Schluchten, fingerte in wilden Spiralen in den Himmel.“ (Zitat Seite 167)
1944/45: Noch ist der Zweite Weltkrieg in vollem Gange. Erbittert verteidigen fanatische Nationalsozialisten ihr vermeintliches Recht und Reich. Dementgegen stehen an Ost- und Westfront die stärker werdenden Gegner, die die Deutschen immer weiter zurück treiben.
Scharen von Flüchtlingen strömen insbesondere aus dem Osten in Richtung Westen auf der Suche nach einer neuen Bleibe und vor allem Sicherheit. Doch auch im Reich ist die Not groß. Gerade jetzt im Winter 1944 fehlt es am Nötigsten. Vor allem Lebensmittel und Heizmaterial. Dazu ständig Fliegeralarm in der Nacht. Niemand kommt zur Ruhe.
Ausgerechnet in dieser Zeit des Chaos wird Kriminalinspektor Max Heller zu einem Mordfall gerufen. Die Leiche einer jungen Frau wurde schlimm verstümmelt. Vom „Angstmann“ munkeln die Menschen, von geheimnisvollen Geräuschen in der Nacht. Die Spur führt in ein Krankenhaus. Doch viel ermitteln kann Heller nicht. Sein Vorgesetzter schiebt die Schuld einem Durchreisenden zu. Auch als ein zweiter Mord, ebenso grausam, geschieht, lässt sich … nicht davon überzeugen, dass es sich nicht um einen Gelegenheitstäter handelt.
Heller ermittelt mit Pausen unter erschwerten Bedingungen über Monate hinweg. Als er sich endlich mit dem Täter konfrontiert sieht, geht die Welt unter. Dresden wird in einer groß angelegten Aktion bombardiert und völlig zerstört. Nur mit Mühe kann Heller sich in einen Luftschutzkeller retten. Sein Gegenspieler aber rennt geradewegs in die Flammenhölle.
Erst Monate später – Dresden befindet sich inzwischen unter Sowjetischer Besatzung – gibt es ein weiteres Mordopfer. Heller erfährt eher zufällig davon und horcht sofort auf. Die Verstümmelung ist unverkennbar. Hat der Angstmann doch überlebt?
Hauptaugenmerk auf zeitgeschichtlichen Ereignissen – Mord eher Nebensache
Dieses Buch hatte gleich zwei Dinge die mich neugierig gemacht haben:
1. Den Schauplatz Dresden – eine Stadt, die ich als gebürtige Sächsin sehr liebe und wunderschön finde.
2. Die Zeit in der die Geschichte spielt – Ende des Zweiten Weltkrieges, wo es doch eigentlich auf ein paar Tote mehr oder weniger nicht mehr ankommt. Oder?
Dementsprechend freudig habe ich mich an die Lektüre gemacht. Ausgerechnet auch zu einer Zeit in der ich der Vergangenheit einen Besuch abstattete und das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz besichtigt habe. Ich fühlte mich der Zeit also auch besonders nahe.
Daher ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass ich finde die Mordermittlung ist nur ein Nebenstrang. Das Hauptaugenmerk liegt nicht auf den Morden bzw. der Tätersuche. Eventuell liegt dieser Eindruck auch darin begründet, dass sich die Ermittlung über mehrere Monate hinzieht und in der Zwischenzeit so viel anderes geschieht.
Das Buch wird beherrscht von der eindringlichen und detailreichen Schilderung der prekären Lage in Dresden. Insbesondere aus der Sicht des Ermittlers Max Heller. Sein Erleben der Naziherrschaft, die er weder gutheißen noch fördern kann/will und die damit verbundene Gefahr selbst als Vaterlandsverräter zu gelten. Dazu die tägliche Suche nach Lebensmitteln und die Sorge um Angehörige. Nach der Bombardierung auch noch das Problem der Unterbringung. Und im späteren Verlauf der Drahtseilakt im Umgang mit den sowjetischen Besatzern. Alles sehr realistisch.
Die Darstellung des Max Heller hat mir sehr gut gefallen und ich fand sie auch sehr glaubwürdig. Ebenso die anderen Figuren der Geschichte. Das und die bemerkenswerte Beschreibung der Ereignisse, haben „Der Angstmann“ für mich zu einem sehr guten Buch gemacht. Ich fühlte mich prima unterhalten, es war spannend und interessant.
Es mag sein, dass jemand, den mehr der Mordfall und die Ermittlungen interessieren, als die zeitgeschichtlichen Ereignisse drumrum, an dem Buch nicht so viel Freude hat. Besonders wenn man lieber temporeiche, flotte Krimis und Thriller bevorzugt. Da wäre also noch Luft nach oben.
Ansonsten von meiner Seite eine klare Empfehlung.
Hier gehts zum Interview mit Frank Goldammer.
Autorenporträt
Frank Goldammer, 1975 in Dresden geboren, ist Maler- und Lackierermeister. Mit Anfang zwanzig begann er zu schreiben, verlegte seine ersten Romane im Eigenverlag und schrieb drei erfolgreiche Regionalkrimis über Dresden und Umgebung. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in Dresden.
Mehr Infos unter www.frank-goldammer.de
Buchinfo
„Der Angstmann“ Max-Heller-Reihe Band 1 von Frank Goldammer, erschienen bei dtv premium
Taschenbuch: 336 Seiten, € 15,90, ISBN: 978-3-423-26120-3
eBook: 336 Seiten, € 12,99, ISBN 978-3-423-43045-6
Quellen
Bild/Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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Das war eins meiner Highlights dieses Jahr! Ich hab mich mitreißen lassen und krieg immer noch eine Gänsehaut, wenn ich an bestimmte Szenen denke. Ich empfehle ganz klar mit! 🙂
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Prima, das freut mich zu lesen. 🙂 Ich kann es gut nachvollziehen. 🙂
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