Ein toter Junger auf einer Baustelle fesselt Kommissar Max Hellers ganze Aufmerksamkeit. Er weist Zeichen von Misshandlung auf. Freunde und Familie reden nicht mit Heller. Als sich eine Verbindung zwischen dem toten Jungen und dem illegalen Handel mit Lebensmittelkarten andeutet, wird Heller in seine Schranken verwiesen. Ausgerechnet vom eigenen Sohn.
„Der Junge hatte dunkles Haar und lag auf den Rücken, doch die linke Gesichtshälfte sah seltsam platt gedrückt aus, die Nase war ganz schief. Er hatte auf dem Bauch gelegen, jemand hatte ihn umgedreht. Heller betrachtete die schreckliche Totenmaske, bückte sich dann, um den Jungen am Jackenärmel anzuheben.“ (Zitat Seite 26)
1948: Dresden ist noch immer ein Trümmerfeld. Auch im dritten Jahr nach Kriegsende gibt es in der sowjetischen Besatzungszone keinerlei Aufschwung. Keine Lebensmittel, kein Benzin, keine Medikamente – es fehlt an allem. Dazu herrscht nach wie vor eine Stimmung der Angst. Auch jetzt werden Menschen einzig wegen einem falschen Wort oder einer unbewiesenen Denunziation nach verhaftet und eingesperrt. Nur die Seiten der Opfer und Täter haben gewechselt. Aber von Freiheit keine Spur.
Auch Kriminalkommissar Max Heller spürt den Mangel und den Druck. Er muss eine Familie ernähren und er muss seine Arbeit erledigen. Unter der sowjetischen Führung ist das ebenso eine heikle Angelegenheit wie unter den Nazis, denn noch immer verweigert Heller den Parteibeitritt.
Mitten im heißesten Sommer nimmt der Fall eines toten Jungen Hellers ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Auf einer Baustelle liegend weist der Halbwüchsige viele alte Verletzungen auf. Spuren von Prügel wie schnell feststeht.
Die Ermittlungen sind schwierig. Kein Freund des toten Jungen will mit Heller reden, selbst in der Schule bei den Lehrern stößt er auf Schweigen. Auch die Familie unterstützt die Suche nach dem Mörder nicht.
Bald gibt es weitere Kinderleichen. Eine Verbindung zum illegalen Handel mit Lebensmittelmarken und Luxusartikeln deutet sich an. Und dann schaltet sich Klaus, Hellers Sohn, ein und verbietet ihm die weiteren Ermittlungen.
Krimigeschichte trifft Zeitgeschichte
Ein weiterer Krimi aus der Feder von Frank Goldammer, sehr schön. Auch im dritten Teil der Reihe um Kommissar Max Heller wird in meiner Lieblingsstadt Dresden agiert. Natürlich sah Dresden zur Zeit in der die Geschichte spielt nicht so aus wie ich sie heute kenne. Aber das ist einer der spannenden Punkte für mich.
Wie schon in den ersten beiden Teilen spürt man auf jeder Seite, die Liebe zum Detail und die akribische Recherche. Die Beschreibungen der Stadt und auch der Gefühle der Menschen sind so lebendig, dass man tief in die Geschichte gezogen wird.
Dazu der sympathische Max Heller und seine gebeutelte Familie, die stellvertretend für so viele andere Familien dieser Zeit in Dresden stehen. Gerade die kriegsbedingten Konflikte, die in Hellers Familie und auch in den Familien der Opfer gezeigt werden, wirken sehr authentisch.
Grundsätzlich ist das Buch sehr spannend, kann das aber nicht über alle Seiten halten. Ein paar Mal war es mir dann doch zu langatmig und ich hätte mir etwas mehr Tempo gewünscht.
Dennoch empfehle ich das Buch gern weiter. Eben weil es nicht nur ein Krimi ist, sondern auch – wenn ich mal hochtrabend werden darf – eine zeitgeschichtliche Studie einer deutschen Stadt und deren Bewohnern nach dem Zweiten Weltkrieg.
Mehr von Frank Goldammer:
„Der Angstmann“
„Tausend Teufel“
Mein Interview mit Frank Goldammer
Autorenporträt
Frank Goldammer wurde 1975 in Dresden geboren und ist gelernter Maler- und Lackierermeister. Neben seinem Beruf begann er mit Anfang zwanzig zu schreiben, verlegte seine ersten Romane im Eigenverlag. Mit ›Der Angstmann‹, Band 1 der Krimiserie mit Max Heller, gelangte er sofort auf die Bestsellerlisten. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.
Buchinfo
„Vergessene Seelen“ Max-Heller-Reihe, Band 3 von Frank Goldammer, erschienen bei dtv premium
Taschenbuch: 384 Seiten, € 15,90, ISBN 978-3-423-26201-9
eBook: 304 Seiten, € 13,99, ISBN 978-3-423-43354-9
Quellen
Buch / Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
Pingback: Frank Goldammer: Roter Rabe | Wortgestalten