Ein junger Mann in Depressionen gefangen. Der Leser begleitet den unglücklichen Arthur durch einen Tag und eine Nacht. Er blickt in die Abgründe von Arthurs Geist und verfolgt wie nach und nach die Erinnerungen sich Bahn brechen. Wie die Vergangenheit den jungen Mann einholt und schließlich zu Boden zwingt.
„Der Morgen hatte etwas an sich, was er nicht mochte, etwas, wie er fand, geradezu Obszönes. Es war, als erhöbe sich die Zeit allmorgendlich aufs Neue aus ihrem nächtlichen Grab, um über die Erde zu schleichen und sie sowie alles, was darauf wandelte, mit klammen Händen zu berühren.“ Zitat Seite 18
Arthur Maxley hat sich in und mit seiner Depression eingerichtet. Wie auch nicht, wo sie ihn doch schon seit Jahrzehnten begleitet. Er rührt einfach nicht am Auslöser dieses Zustandes.
Als nach einigen Jahren Funkstille ein Brief seines Vaters eintrifft, wird der fragile Schutzwall, den Arthur um sich errichtet hat, beträchtlich ins Wanken gebracht. Mehr aus Zwang denn aus Freude trifft er sich mit seinem Vater. Die Begegnung bringt noch mehr zum Einsturz. Und noch bevor die Nacht vorüber ist, muss Arthur sich seinen Dämonen stellen.
Ungeschliffen, aber besonders eindrücklich
Dieses Mal ist die kürze der Inhaltsangabe eher dem ohnehin kurzen Buch geschuldet. Mit gerade einmal 160 ist dieses Buch von John Williams nicht besonders dick.
„Nichts als die Nacht“ ist Williams Debüt mit Anfang 20. Es ist mit seinem postumen Welterfolg „Stoner“ nicht zu vergleichen. Auch nicht mit seinem zweiten Buch „Butchers Crossing“. Es ist extrem düster und verliert sich in den dunklen und wirren Gedanken des Protagonisten. Nichtsdestotrotz hat es eine unglaubliche Kraft, eben weil es so ungeschliffen ist. Da man Arthur gerade einmal einen Tag begleitet ist das Leseerlebnis besonders intensiv. Diese kurze Zeitspanne gibt dem Autor die Gelegenheit sehr eindrücklich den Geisteszustand seines Protagonisten zu schildern.
Das Buch ist sicherlich nicht für jedermann etwas. Wer sich unsicher ist, sollte erst eine Leseprobe versuchen. Aber ich bin der Meinung die Lektüre lohnt sich durchaus.
Zusatz-Geblubber
Ich möchte nicht verhehlen, dass es auch die Geschichte hinter der Geschichte war, die mich zu diesem Buch hat greifen lassen. Denn es handelt sich hier nicht einfach nur um John Williams Debüt. Er schrieb es mit Anfang 20 kurz nach einem Flugzeugabsturz den er überlebte.
Als Funker war er bei der Royal Air Force tätig und auf einem Erkundungsflug über Burma unterwegs. Das Flugzeug stürzte ab. Der Pilot und Williams überlebten wie durch ein Wunder – fünf weitere Männer kamen ums Leben. Während seiner Genesungszeit im burmesischen Dschungel schrieb Williams „Nicht als die Nacht“. Daher ist es wenig verwunderlich, dass gerade die düsteren Gedanken in dem Buch so authentisch wirken.
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Autorenporträt
John Williams wurde 1922 in Texas geboren. Trotz seiner Begabung brach er sein Studium ab. Widerstrebend beteiligte er sich an den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner und wurde Mitglied des Army Air Corps. Während dieser Zeit entstand die Erstfassung seines ersten Romans, der später von einem kleinen Verlag publiziert wurde. Williams erlangte an der University of Denver seinen Master. 1954 kehrte er als Dozent an diese Universität zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985. Er veröffentlichte zwei Gedichtbände und vier Romane, von denen einer mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. John Williams starb 1994 in Fayetteville, Arkansas.
Buchinfo
„Nichts als die Nacht“ von John Williams, erschienen bei dtv
Hardcover: 160 Seiten, € 18,00, ISBN 978-3-423-28129-4
eBook: 160 Seiten, € 15,99, ISBN 978-3-423-43407-2
Quellen
Bild/Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne