Nach dem Tod des Vaters wird die junge Falka verbannt und landet in Tondern. Dort zeigt sich ihr Geschick zum Spitzenklöppeln. Doch die Arbeitsbedingungen sind unwürdig. Nach dem tragischen Tod ihrer Freundinnen will Falka der Ausbeutung und der Herrschaft der Männer ein Ende setzen. Sie greift zu drastischen Mitteln und findet Verbündete.
„Der Morast machte Golems aus ihnen, Monster aus Lehm. Stumpfsinnig stapften sie durch die Exkremente, die der Februar vor das Königliche Herr hinschiss.“ (Zitat Seite 451)
Die junge Falka wächst in ärmlichen Verhältnissen auf einer kleinen Insel auf. Nach dem Tod ihres Vaters und ihres Geliebten wird das erst 13jährige Mädchen verbannt. Ihr Onkel bringt sie nach Tondern und liefert sie in einer Spitzenfabrik ab. Dort zeigt sich ihr unglaubliches Talent zum Klöppeln.
Doch die Arbeitsbedingungen in der Fabrik sind unwürdig. Die Arbeiterinnen sind jung, teils noch Kinder, werden misshandelt und die Unterkünfte sind miserabel. In der Kammer mit 11 anderen Mädchen eingepfercht, schließt Falka Freundschaft mit den Leidensgenossinnen. Doch anders als diese, liebt Falka ihr Schicksal.
Erst als 10 ihrer Freundinnen einen tragischen Tod finden, will Falka sich auflehnen. Dem Mädchen schwebt ein Reich vor in dem nur Frauen regieren und sie nicht mehr von den Männern ausgebeutet und unterdrückt werden. Um dieses Ziel zu erreichen nutzt sie ihre Gabe. Sie klöppelt Trauerschleier aus Spitze. Trauerschleier so betörend schön, dass alle Frauen einen besitzen wollen und den Tod des Gatten geradezu herbei sehnen.
Und Falka hat Unterstützer. Binnen weniger Jahre hat sie einen Großteil der Frauen aus Tondern mit ihrer Vision vom Mädchenreich angesteckt. Vor allem geachtete Frauen des täglichen Lebens. Das macht es ihren Gegnern schwer, gegen das zarte und eigentlich unscheinbare Mädchen vorzugehen. Und sie unterschätzen Falka, die den Krieg herbei sehnt und einen tödlichen Plan verfolgt.
Unvernünftiges Kind will die Weltherrschaft – ernsthaft?
Das Buch hat mich ziemlich enttäuscht. Nach dem Klappentext hatte ich mir einen Historischen Roman vorgestellt, der mir das Spitzenklöppeln näher bringt. Der mir eine junge Frau zeigt, die sich nach Jahren der Unterdrückung auflehnt und ihren eigenen Weg geht. Die emanzipiert für sich und ihre Überzeugungen kämpft, die schließlich geachtet wird für ihre Arbeit und sich damit ihren Lebensunterhalte auf humane Weise verdienen kann. Und … ja, die Romantikerin in mir will auch bedient werden … die dabei die Liebe ihres Lebens findet. Soweit meine Vorstellung.
Das Buch zeigte mir jedoch ein Kind, das keine Ahnung vom Leben hat. Das ist im Grunde auch sein gutes Recht. Doch dieses Kind namens Falka entpuppte sich als ein recht geistloses Geschöpf, das gar nicht für seine eigenen Überzeugungen kämpft. Eigentlich findet Falka alles gut so wie es ist. Erst der Tod ihrer Freundinnen lässt in ihr Rachegedanken entstehen. Und ihr Plan von einem Mädchenreich, dass die ganze Welt umspannt … ernsthaft? Dass sie die Situation der Klöpplerinnen in der Fabrik verbessern will, ist nachvollziehbar und wünschenswert. Die Umsetzung indes begreife ich nicht so recht. Denn Falka lässt sich sehr viel Zeit damit.
Falka ist ein Teenager, der unverhofft zu Ruhm und Einfluss gelangt und keine Ahnung wie sie damit umgehen soll. Ihr Mantra „Das Schicksal lieben“ ist für mich nur eine lahme Rechtfertigung dafür sein Fähnlein nach dem Winde zu richten. Denn sie tändelt unter anderem mit dem Feind. Außerdem spricht sie immer davon Gleich zu sein und alles gleich zu machen. Letztendlich will sie aber nicht Männer und Frauen gleichsetzen, sondern sie will die Männer auslöschen bzw. unterdrücken. Das hat in seiner Drastischkeit mehr als nur ein bisschen von Holocaust.
Dieses Gemetzel und Gemeuchel im Namen eines unvernünftigen Kindes, das Falka in meinen Augen auch im Laufe der Zeit bleibt, hat mir ganz und gar nicht gefallen. Ich kann mich mit dieser Gewaltorgie (und auch mit dem ständigen Sex zwischen allem und jedem) nicht identifizieren.
Ja, das Buch ist sprachgewaltig, wie es so schön auf dem Umschlag steht. Doch das ging mir manches Mal auch auf den Keks, weil sich die Autorin teilweise ewig lang ergeht in inneren Betrachtungen der Protagonisten.
Ihr merkt schon, das Buch hat mir gar nicht gefallen. Ich habe mich durch die vielen Seiten gekämpft, obwohl ich es lieber in die Ecke gepfeffert hätte. Diese Protagonistin hat mich überhaupt nicht angesprochen. Daher keine Empfehlung von mir.
Autorenporträt
Jelle Behnert wurde 1962 geboren, studierte in Berlin Publizistik und Literaturwissenschaften, schrieb danach u.a. für das Zeit-Magazin sowie Features für den Hörfunk und Drehbücher. „Liebe Steine Scherben“ war ihr Debüt.
Buchinfo
„Das Haus der schwarzen Schwäne“ von Jelle Behnert, erschienen bei atb
Taschenbuch: Klappenbroschur, 491 Seiten, € 14,99, ISBN: 978-3-7466-3314-5
eBook: ePub, 480 Seiten, € 11,99, ISBN: 978-3-8412-1310-5
Quellen
Bild/Autorenporträt: www.aufbau-verlag.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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