Gregor Weber: Schauspieler, Koch, Autor, Vater und Ehemann – und Reservist. Für die Recherchen zu einem Buch lässt er sich reaktivieren, besucht die verschiedensten Heeresabteilungen, um schließlich und endlich ein viertel Jahr nach Afghanistan zu gehen. Sein Buch berichtet über diesen langen Weg in ein Kriegsgebiet.
Mein Lieblingssatz: „Der Tod war mitten unter uns getreten, und doch hielt er sich unerkannt im Schatten.“
Der Werdegang von Gregor Weber liest sich schon ungewöhnlich: vom Schauspieler zum Koch zum Feldwebel der Reserve. Nebenbei noch Vater und Ehemann und natürlich Autor. Der ehemalige Saarländische Tatort-Kommissar und ehemalige Sohn der Familie Heinz Becker will für eines seiner Bücher etwas genauer im Bereich Heer recherchieren.
Dafür lässt er sich als Soldat bei der Bundeswehr reaktivieren. Zunächst macht er Station bei den Fallschirmjägern, dann bei den Gebirgsjägern und landet schließlich in der Presseabteilung der Bundeswehr. Ursprünglich – dank seiner Ausbildung – eingeteilt als Koch, findet er schließlich seinen richtigen Platz als Berichterstatter und Pressefeldwebel. Immer die Augen auf sein Ziel gerichtet: Weber will nach Afghanistan. Dafür erhält er Schießtraining, nimmt an den üblichen Trainings mit Geländeläufen teil, besucht Schulungen. Über mehrere Jahre hinweg bemüht er sich um die entsprechende Ausbildung, die seinem schlussendlichen Rang als Feldwebel gerecht wird.
Weber ist sich klar darüber, dass er eigentlich kein Soldat im wirklichen Kampfeinsatz sein soll – doch er will seinen Kameraden vor Ort weder zur Last fallen, noch eine Gefahr für sie darstellen. Erst recht als er erfährt, dass er tatsächlich als Mitarbeiter der Presseabteilung nach Afghanistan beordert wird.
Dreieinhalb Monate verbringt er in dem Krisengebiet. Denn trotz dem Abzug der deutschen Truppen ist es das noch immer. Er betreut Journalisten, verfasst Berichte für Bundeswehrmedien, bleibt tendenziell im Hintergrund. Er schließt neue Freundschaften, vertieft Bekanntschaften zu Männern, die er während seiner Ausbildung kennengelernt hat, lernt die Kameradschaft der Truppe kennen. Als er schließlich zurück kommt, unversehrt, aber um Erfahrungen reicher, liegen er und seine Familie sich weinend in den Armen.
Wirkt wie ein dicker Werbeflyer
Webers Buch gestattet einen Einblick hinter die Kulissen der Bundeswehr. Im Nachgang wirkt das Buch ein wenig wie ein dicker Werbeflyer für den Bund. Die Kameradschaft ist toll, die Vorgesetzten unterstützen wo es nur geht, man kann überall mal reinschnuppern und überhaupt ist das ganz toll. Ich möchte nicht verschweigen, dass Weber auch kritische Töne anschlägt, aber die sind dann doch sehr moderat.
Nichtsdestotrotz ist es eine interessante Lektüre. Es ist nicht mein erstes Buch eines Soldaten im Afghanistan-Einsatz und die Unterschiede sind groß. Während Weber sich Großteils auf den Weg durch den Bundeswehrdschungel in das Kriegsgebiet konzentriert, schreibt Achim Wohlgethan in „Endstation Kabul“ tatsächlich über das Leben an der Front und die Schwierigkeiten, dank mangelhafter oder fehlender Ausrüstung.
„Krieg ist nur vorne Scheisse, hinten geht’s“ ist kein witziges Buch, wie der Titel evtl. vermuten lässt. Es ist auch in dem Sinne kein Buch über den Krieg, sondern über den Weg dorthin. In dem Zusammenhang scheue ich mich auch von Unterhaltsam zu sprechen. Es ist jedenfalls nicht langweilig, es ist informativ und ich habe es in einem Rutsch gut durchgelesen. Das ist ja auch schon mal was wert.
Autorenporträt
Gregor Weber, geboren 1968 in Saarbrücken, nach Abitur und Wehrdienst bei der Marine zunächst Jurastudent, dann Germanistikstudent, dann Schauspielschüler. Seit 1995 als Fernsehschauspieler tätig – u.a. als Sohn Stefan der „Familie Heinz Becker“ und im „Tatort“ des Saarländischen Rundfunks. Mit 36 Jahren Beginn einer Kochlehre, die zwei Jahre später mit der IHK-Prüfung ihren Abschluss findet. Im Oktober 2009 erschien der Bestseller „Kochen ist Krieg!“ über Gregor Webers Erfahrungen in der deutschen Gastronomie. Im Juni 2011 debütierte er als Krimiautor mit dem Titel „Feindberührung“, 2013 erschien „Keine Vergebung“. 2013 ging Weber als Feldwebel für dreieinhalb Monate nach Afghanistan. Er lebt mit seiner Frau, zwei Kindern, einem Hund und einer Katze auf dem Land in Oberbayern.
Buchinfo
„Krieg ist nur vorne Scheisse, hinten geht´s! Ein Selbstversuch“ von Gregor Weber, erschienen im April bei Droemer, Hardcover, 256 Seiten, € 18,00, ISBN: 978-3-426-27610-5
eBooK: 256 Seiten, € 15,99, ISBN: 978-3-426-42396-7
Quellen
Bild: www.droemer-knaur.de / Text (außer Autorenporträt: Susanne
Pingback: Ronja von Wurmb-Seibel: Ausgerechnet Kabul | Wortgestalten
Pingback: Simon Jacob: Peacemaker | Wortgestalten