Mehr als 6 Jahrzehnte und hunderte Kilometer trennen die 86jährige Hannah und ihre 12jährige Großnichte Anna. Und trotzdem haben die beiden einiges gemeinsam. Der Leser erfährt von den Verlusten der beiden und von ihrem Leben unabhängig voneinander. Und seinen Anfang nahm alles mit dem Beginn des Dritten Reiches und der verhängnisvollen Fahrt der St. Louis.
Durch das Bullauge wirkte Havanna verschwommen, klein und unerreichbar, wie eine alte Postkarte, die ein Tourist liegen gelassen hatte. (Zitat Seite 216)
1939: Nach der Reichsprogromnacht im November 1938 wird das Leben in Berlin immer unerträglicher für Hannah und ihre Eltern Alma und Max. Die Familie ist sehr vermögend, bisher hoch angesehen … und jüdisch. Nach langem hin und her, gelingt es der scheinbar schwächlichen Alma für die Familie verschiedene Reisegenehmigungen zu erhalten. Über die Zwischenstation Kuba dürfen sie in die Vereinigten Staaten auswandern.
Auch Hannahs bester Freund Leo und dessen Vater haben die notwendigen Papiere erhalten. So finden sich die fünf im Mai 1939 auf der St. Louis wieder. Einem Passagierschiff der HAPAG mit Ziel Havanna, Kuba.
Am Ziel angekommen jedoch darf niemand von Bord, denn die kubanische Regierung akzeptiert inzwischen keine Touristenvisa mehr. Nur wer tatsächlich ein Ausreisevisum hat, darf das Schiff verlassen. Das sind 29 Personen von 938. Dadurch werden Alma und Hannah von Max getrennt, der nicht die richtigen Papiere vorweisen kann. Auch Leo und sein Vater bleiben auf dem Schiff.
Während für den Großteil der Passagiere eine Irrfahrt über den Atlantik beginnt, müssen Alma und Hannah sich nun in Havanna zurecht finden.
2014: Anna lebt seit ihrer Geburt 2002 mit dem Schatten ihres verschwundenen Vaters Louis. Ihre Mutter Ida kann seinen Verlust nicht verwinden und hofft nach wie vor auf eine Rückkehr des Geliebten. Sie verlässt kaum noch das Haus und auf Anna lastet schon als Kind eine große Verantwortung.
Ein Brief aus Havanna mit alten Negativen und Erinnerungsstücken bringt Ida jedoch ins Leben zurück. Absender ist Hannah Rosen, die Tante bei der Annas Vater aufwuchs. Nach Jahren der Lethargie ist dies der Anstoß und die Möglichkeit um endlich mehr über Louis zu erfahren. Mutter und Tochter machen sich auf den Weg nach Havanna.
Die Figuren blieben mir fremd
Die Geschichte hat mich leider nicht ganz so gepackt, obwohl sie eigentlich genau in mein „Beuteschema“ fällt. Vermutlich weil ich die Figuren und ihr Verhalten einfach nicht so recht verstanden habe.
Ich bin mit dem Leben der Familie Rosenthal/Rosen in Havanna nicht klar gekommen. Mir hat sich nicht erschlossen, was sie in Kuba hält, wo sie das Leben dort so sehr verabscheuen. Vor allem von Hannah hatte ich gedacht, dass sie nach dem Tod der Mutter doch noch alle Brücken abbricht und in die USA geht.
Auch das Verhalten von Annas Mutter in New York ist mir etwas schleierhaft gewesen. Ganz zu schweigen von dem eigentümlichen Verhalten von Anna selbst.
Nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Mit der Story um Hannah habe ich ausnahmsweise mal ein Schicksal gelesen, bei dem sich die Verfolgten rechtzeitig retten konnten. Und es hat mich neugierig gemacht auf die wahre tragische Geschichte der St. Louis. Ganz besonders berührt hat mich die Unterschriftenliste der Passagiere, die am Ende des Buches abgedruckt ist und die Bilder. Ich glaube das war nicht das letzte Buch, das ich über die St. Louis gelesen habe.
Eine begeisterte Empfehlung für die Lektüre will mir nicht so recht aus den Fingern fließen. Aber wer sich für Schicksale rund um den 2. Weltkrieg interessiert, die auf wahren Begebenheiten beruhen, der sollte mal reinlesen. Vielleicht kommt Ihr ja besser mit den Figuren klar.
Autorenporträt
Armando Lucas Correa lebt in Manhattan und arbeitet dort als Herausgeber des wichtigsten Magazins der spanischen Gemeinschaft in den USA, People en Español. Zuvor arbeitete er auf Kuba als Herausgeber eines Kulturmagazins. Für seine journalistischen Arbeiten wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von der National Association of Hispanic Publications und der Society of Professional Journalism. „Das Erbe der Rosenthals“ ist sein erster Roman.
Buchinfo
„Das Erbe der Rosenthals“ von Armando Lucas Correa, erschienen bei Bastei Lübbe
Hardcover: 432 Seiten, € 20,00, ISBN: 978-3-7857-2602-0
eBook: 432 Seiten, € 15,99, ISBN: 978-3-7325-4769-2
Quellen
Bild / Autorenporträt: www.luebbe.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne