Wer glaubt (Auto)Biografien sind langweilig und dröge, der sollte das Buch von Billy Crystal lesen. Der Stand-up-Comedian und Schauspieler hat ein 345-seitiges Comedy-Programm auf die Beine gestellt, das sowohl komisch als auch berührend ist. Es ist eine Hommage an das Leben, die Liebe, Familie und Freunde und auch an seine Arbeit. Mit 65 Jahren zieht Billy Crystal Bilanz. Er blickt auf sein Leben zurück und lässt alle daran teilhaben.
Ein Vorgeschmack:
„Wenn mein Großvater zu Thanksgiving das Bruststück verzehrte, tat ihm sein Gebiss oft so weh, dass er es am Tisch herausnahm und das zähe Fleisch händisch bearbeitete, bis die Fetzen so klein waren, dass er sie schlucken konnte. Unter den fassungslosen Blicken der Familie nahm er das derart „zerkaute“ Fleisch, stippte es in den Meerrettich und schluckte es zufrieden hinunter. Dann sagte er etwas Unverständliches, worauf Großmutter antwortete: Sprich nicht mit voller Hand. Ich verstehe kein Wort.“ (Zitat Seite 104)
Im Jahr 1948 wird William Jacob „Billy“ Crystal in Long Beach geboren. Er hat sowohl österreichische als auch russische Wurzeln und wird im jüdischen Glauben erzogen. Schon früh entdeckt er sein Talent andere zu unterhalten und zum Lachen zu bringen. Seine Familie unterstützt ihn dabei.
Im Alter von 15 Jahren verliert Billy seinen Vater. Dieser hinterlässt ihm neben vielen schönen Erinnerungen auch die Liebe zum Baseballteam der Yankees und deren Stadion. Der Verlust trifft die Familie hart, doch sie halten zusammen.
Billy absolviert eine Ausbildung an der Filmhochschule. Nebenbei tritt er bereits mit zwei Freunden als Comedian auf. Und als er 18 Jahre alt ist, trifft er die Liebe seines Lebens: Janice. Die beiden heiraten und werden später Eltern zweier Töchter. Ihre Ehe bleibt skandalfrei und hält bis dato an.
Langsam kommt auch Billys Karriere in Schwung. Er tingelt durch Clubs und landet schließlich im Fernsehen. Eine Serie in der er in den Sechzigern einen Homosexuellen mimt ist sein Durchbruch. Im Verlauf seines Lebens wird Billy Crystal immer wieder im Fernsehen auftreten: als Stand-up-Comedian, als Entertainer oder als Gastgeber der Oscar-Gala. Er wird als Schauspieler in Kino-Hits wie „City-Slickers“, „Harry und Sally“ und „Reine Nervensache“ zu sehen sein. Und er wird sich auch als Regisseur beweisen.
Immer wieder trifft er Größen des Show-Business und der Sportwelt. Immer wieder steht er ehrfürchtig vor einer von ihm verehrten Persönlichkeit. Seien das Muhammad Ali, Mickey Mantle oder Robert De Niro. Mit vielen verbindet ihn über die Jahre auch eine Freundschaft.
Noch wichtiger als all diese Persönlichkeiten ist Billy Crystal aber seine Familie. Seine Frau und seine Töchter sind sein größtes Glück. Die Hochzeit seiner Mädchen und die Geburten seiner Enkelkinder machen seine Welt nahezu perfekt. Auch die Verbindung zu seiner Mutter, seinen Brüdern und Onkeln und Tanten ist sehr eng. Verschiedene Todesfälle treffen ihn hart. Und mit 65 ist es Zeit sich auch mit dem eigenen Tod auseinander zu setzen.
Ihr MÜSST es lesen
Heute folgt mal wieder eine Rezension der Superlative. Ich finde das Buch großartig. Eine der besten (Auto)Biografien die ich je gelesen habe. Es ist als würde man beim Lesen einem Comedy-Auftritt, einer Show beiwohnen. Ich hatte immer wieder die (deutsche) Stimme von Billy Crystal im Ohr. Er schildert seine Lebensgeschichte so komisch, pointenreich und berührend, dass es kaum jemanden kalt lassen dürfte.
Zwischen all den Witzen ist seine Liebe zur Familie zu spüren. Und auch seine Leidenschaft für seinen Job. Ganz zu schweigen von seiner Bewunderung für verschiedene Menschen. Immer wieder die Ehrfurcht – auch als er selbst bereits ein Prominenter ist – wenn er Menschen gegenüber steht, die er seit Jahren verehrt. Das überträgt sich auch auf den Leser. Bei mir zumindest. Mir ging das Herz auf als Muhammad Ali ihn „Kleiner Bruder“ nennt, als Robert DeNiro ihn beim Filmdreh bittet, ihm zu sagen was er besser machen kann, als er tatsächlich bei den Yankees mitspielen darf. Und ich habe Rotz und Wasser geheult als er vom Tod seines Freundes und Baseballstars Mickey Mantle schreibt.
Mir ist das Buch unglaublich nahe gegangen. Ich habe sehr viel gelacht und es hat mich auch ein wenig zum Nachdenken angeregt.
In allem – auch den ernsten Themen – ist der Comedian zu erkennen. Aber er ist nie bösartig, er führt niemanden vor, er rechnet mit niemandem ab. Vielmehr nimmt er sich selbst auf die Schippe. Billy Crystal zeigt sich und seine Familie der Welt. Auf sehr kurzweilige und äußerst unterhaltsame Weise.
Bitte, Ihr MÜSST dieses Buch lesen!
Bonus-Geblubber
Billy Crystal war bisher für mein nur irgendein amerikanischer Schauspieler und Comedian am Rande. Ich habe kaum einen der Filme mit ihm gesehen. Und amerikanische Fernsehshows sehe ich mir ja auch nicht an. Um Billy Crystal gibt es keine Skandale und er war für mich daher ein Schauspieler unter „Ferner liefen…“.
An seiner Autobiografie „65“ machte mich eigentlich nur der Untertitel „Wo komm ich her? Wo geh ich hin? Und wo verdammt sind meine Schlüssel?“ neugierig. Das klang witzig. Dass mich das Buch so umhauen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Bei Autobiografien von Promis erwarte ich immer irgendwie üble Selbstbeweihräucherung, fiese Abrechnungen mit allen möglichen Leuten und die Eröffnung von unfassbaren Skandalen. Bei Billy Crystal fand ich weder das eine noch das andere. Vielmehr hat mich das Buch neugierig gemacht. Auf seine Filme und seine Person. Er wirkt auf dem Boden geblieben und normal. Jemand mit dem man ein Bier trinken gehen kann.
Das war eines der Bücher, die man eigentlich nicht aus der Hand legen mag. Aber von denen man auch nicht möchte, dass sie enden. Bleibt zu hoffen, dass Billy Crystal noch lange lebt, um eine weitere Autobiografie zu schreiben.
Und nun kommt die Überraschung, die ich bereits in meinem Blogpost „Neugierig“ angekündigt habe: Weil ich so überzeugt und begeistert bin von dem Buch, habe ich meine Ansprechpartnerin beim Ullstein Verlag angesprochen und dreist um ein Verlosungsexemplar gebeten. Und – was soll ich sagen – die Dame war so freundlich und großzügig und hat mir gleich 3 (in Worten: DREI) Bücher zur Verfügung gestellt!
In der kommenden Woche wird es dazu ein Gewinnspiel geben. Ich hoffe, Ihr freut Euch genauso darüber wie ich es tue und wir lesen uns dann wieder.
Autorenporträt
Billy Crystal wurde 1948 in Long Beach, New York, geboren und ist ein amerikanischer Komiker, Schauspieler und Regisseur. 1984 trat Crystal zum ersten Mal in der legendären Show Saturday Night Live auf; schon bald zählte er fest zum Ensemble. 1990 war Crystal erstmals Gastgeber der Oscar-Verleihung, die er bis 2012 noch mehrere Male moderierte. Zu Crystals wichtigsten Filmen zählen Harry und Sally (1989) und Reine Nervensache (1999). Er lebt mit seiner Frau in L.A.
Buchinfo
„65. Wo komm ich her? Wo geh ich hin? Und wo, verdammt, sind meine Schlüssel?“ von Billy Crystal, erschienen bei Ullstein
Hardcover: Gebunden mit Schutzumschlag, 352 Seiten, mit Bildern, € 19,99, ISBN-13 9783550080470
eBook: Format: epub, 368 Seiten, € 16,99, ISBN-13 9783843707084
Quellen
Bild: www.ullsteinbuchverlage.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
das klingt mal wirklich nach einer interessanten Autobiografie
LikeGefällt 2 Personen
Pingback: Gewinnspiel: Billy Crystal sucht seine Schlüssel | Wortgestalten
Pingback: Gewinnspiel: Billy Crystal findet seine Gewinner | Wortgestalten
Pingback: Jens Rosteck: Edith Piaf. Hyme an das Leben | Wortgestalten
Pingback: Jens Rosteck: Edith Piaf. Hyme an das Leben | Wortgestalten
Pingback: MoFra: Welches sind Deine Jahreshighlights? | Wortgestalten
Pingback: Oliver Sacks: On the Move. Mein Leben | Wortgestalten
Pingback: Lynsey Addario: Jeder Moment ist Ewigkeit | Wortgestalten
Pingback: MoFra: Was ist für dich ein Lese-Highlight? | Wortgestalten
Pingback: MoFra: Wiederlesen oder neudeutsch: Re-Read? | Wortgestalten
Pingback: MoFra: Biografien – unterhaltsam oder öde? | Wortgestalten
Pingback: John Connolly: Stan | Wortgestalten
Pingback: Jonas Langvad Nilsson: Jussi | Wortgestalten