Diego Marani: Neue Finnische Grammatik

Ohne jede Erinnerung findet sich ein Mann auf einem Lazarettschiff vor Triest wieder. Dank eines Namensschildes in seiner Kleidung wird er als Finne identifiziert. Sein Arzt ist ein Landsmann und organisiert die Heimreise des Verletzten. In Helsinki macht der Mann ohne Erinnerung sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit, seiner Familie und vor allem seiner Sprache.

Mein Lieblingssatz: „Die gegen das Fensteroval über der Tür prasselnden Wassermassen warfen einen brodelnden Schatten auf den Boden“

_Neue finnische GrammatikAuf dem Lazarettschiff Tübingen landet ein verletzter Mann bei Dr. Friari. Der Patient hat keinerlei Erinnerung, ist keiner Sprache mächtig. Dank eines Namensschildes in seiner Kleidung wird er als Sampo Karjalainen identifiziert. Ein Finne genau wie Dr. Friari.
Der Arzt nimmt sich aufgrund der nationalen Verbindung des Patienten besonders an. Er bemüht sich um ihn, bringt ihm einige Brocken Finnisch bei. Und er organisiert die Rückkehr des Sampo Karjalainen nach Finnland.
Allein in Helsinki soll der Patient sich bei einem Neurologen im Krankenhaus melden. Der Arzt ist jedoch nicht in der Stadt. Sampo bezieht ein Bett im Gästetrakt des Hospitals. Noch immer fehlt ihm die Erinnerung. Und so macht er sich in der finnischen Hauptstadt auf die Suche nach seiner Vergangenheit und seiner Familie. Vor allem aber bemüht er sich um die finnische Sprache, die seine sein soll, der gegenüber er jedoch so gar nichts empfindet.
Der einzige Freund den Sampo findet ist Pater Koskela. Dieser nimmt ihn unter seine Fittiche und bringt ihm nicht nur die Sprache sondern überhaupt das „Finnisch-sein“ näher.
Die Tage, Wochen, Monate verrinnen, ohne das Sampo sich wirklich heimisch fühlt oder seine Erinnerung wieder kehrt. Er hilft im Krankenhaus, lernt finnisch bei Pater Koskela und spaziert durch Helsinkis Straßen. Als der Pater eines Tages verschwindet, ist Sampo der Verzweiflung noch näher als bisher schon.

Nicht mein Geschmack

Das Buch hat nicht meinen Geschmack getroffen. Vielleicht weil ein Italiener ein Buch über Finnland bzw. das Finnisch-sein schreibt. Wie glaubwürdig kann das sein?!
Dr. Friari rekonstruiert anhand eines einzelnen Heftes seines Patienten dessen Zeit in Helsinki. Das muss ein ziemlich dickes Heft sein, reicht es doch über Monate hinweg und zeigt das Erlernen der finnischen Sprache.
Im Großteil des Buches streift der Mann ohne Erinnerung durch Helsinkis Straßen und überdenkt die philosophischen Ergüsse des Paters. Verliert sich auch selbst darin.
Die Suche nach seiner Identität wird nur nebenbei thematisiert. Hauptsächlich wird über die finnische Sagenwelt der Kalevala schwadroniert und ja, auch ein wenig über die Eigenheiten der finnischen Sprache. Der Lernprozess allerdings besteht darin, dass Sampo etwas erzählt bekommt, in etwa die Hälfte nicht versteht, sich das dann aber anhand der bekannten Vokabeln zusammen reimt.
Die Verzweiflung eines Menschen, der sich nicht an seiner Vergangenheit erinnern kann, der nicht weiß wer er ist, der auch keinerlei Verbundenheit mit dem Land spürt, zu dem er doch angeblich gehören soll, schimmert nur hin und wieder durch.
Die Lektüre gestaltete sich ab kurz nach der Ankunft in Helsinki als recht zäh. Immerhin sind die Passagen in denen Dr. Friari spricht klar gekennzeichnet. Ich kann mit so philosophischen Betrachtungen überhaupt nichts anfangen. Bin für so etwas total unempfänglich. Und letztendlich fand ich auch die Auflösung ziemlich konstruiert.

Autorenporträt
Diego Marani, geboren 1959 in Ferrara, ist zuständig für den Bereich Multilinguistik bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Er ist der Erfinder des Europanto, einer Fantasiesprache, in der er mehrere Erzählungen verfasste („Las adventures des inspector Cabillot“). Sein berühmtester Roman “Neue Finnische Grammatik“ wurde mit dem Premio Grinzane Cavour ausgezeichnet und erschien in 10 Ländern.

Buchinfo
„Neue Finnische Grammatik“ von Diego Marani, erschienen September 2014 bei Graf
Hardcover: Gebunden mit Schutzumschlag, 256 Seiten, € 18,00, ISBN-13 9783862200412
eBook: Format: ePub, 256 Seiten, € 14,99, ISBN-13 9783843709255

Quellen
Bild: www.ullsteinbuchverlage.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

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