Beate Rösler: Die Reise des Elefantengottes

Zu ihrem 39. Geburtstag bekommt Priyanka einen Flug nach Indien geschenkt. Sie soll in das Geburtsland ihrer Mutter Asha reisen. Da Asha nie von Indien spricht, soll Priyanka das Land endlich kennenlernen. Ihre Mutter ist alles andere als begeistert. Priyankas Ehemann sieht auch keinen Grund und keine Möglichkeit sie zu begleiten. Und so wird die Reise zunächst mehr Flucht als Urlaub.

Mein Lieblingssatz: „Die heiße Luft, die nach dem Einsetzen des Monsuns lechzte, wurde von Wasserspendern mit feinsten Tropfen besprüht, die unsere Haut erfrischten wie ein sommerlicher Nieselregen.“

Die Reise des ElefantengottesPriyanka ist in Berlin aufgewachsen. Ihre Mutter Asha stammt aus Indien, doch sie spricht nie über das Land. Auch nicht über ihre Familie, die von einer Epidemie ausgelöscht wurde. Priyankas Vater Karl starb bereits als sie ein Teenager war. Noch heute vermisst sie ihn schmerzlich. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist nicht sehr eng, eben weil diese nie über die Vergangenheit spricht und Priyanka regelrecht ihre Wurzeln verweigert.
An ihrem 39. Geburtstag erhält Priyanka ein ungewöhnliches Geschenk von ihrem Mann: ein Flugticket nach Indien. Überraschung und Schock sind groß. Asha flüchtet regelrecht von der Feier und Priyanka plagt das schlechte Gewissen, weiß sie doch um die Empfindlichkeit ihrer Mutter hinsichtlich des Landes. Auch ihre ohnehin schon wackelige Ehe, scheint durch das Geschenk noch mehr ins Wanken zu geraten. Während ihr Gatte den Großteil seines Tages in seinem Restaurant verbringt, arbeitet Priyanka als Übersetzerin von zu Hause aus. Die beiden sehen sich kaum noch, Gespräche enden in Streitereien.
Als schließlich das Abflugdatum näher rückt, trifft Priyanka ihre Entscheidung für die Reise. Dank der kritischen Beziehungszustände zu ihrer Mutter und ihren Mann, wirkt ihr Abflug weniger wie ein Start in den Urlaub sondern mehr wie eine Flucht.
Schon im Flugzeug lernt sie Kiran kennen – einen in den USA lebenden, erfolgreichen Inder – der seine Familie besucht. Während ihres Aufenthaltes läuft sie ihm immer wieder über den Weg. Zum Ende ihres Urlaubs erwartet ihren Mann dann auch eine überraschende Nachricht.

Tolle Story, leider ohne krönenden Abschluss

Die Geschichte zweier Frauen die zu jeweils unterschiedlichen Zeiten in so gegensätzliche Kulturen katapultiert werden, ist sehr beeindruckend. Asha erfährt in den 60er Jahren ein kaltes Deutschland, ohne Moral und Wertvorstellungen, das anderen Kulturen nur Verachtung entgegen bringt und wenig empathisch ist. Priyanka hingegen erlebt gute 40 Jahre später Indien als begeisterte Touristin und sieht ein faszinierendes Land mit freundlichen und aufopferungsvollen Menschen.
Das Buch ist eine Mischung aus Überraschung und Vorhersehbarkeit, die sich gegenseitig ausgleichen. Ohne zu viel verraten zu wollen, war das Ende nicht sonderlich aufregend und für mich auch nicht wirklich befriedigend. Das ist schade, da das Buch eine wirklich tolle Story hat – es fehlt irgendwie nur der krönende Abschluss.
Es ist aber eine Freude an Priyankas Seite durch Indien zu streifen und die fremde Kultur in sich einzusaugen. Bei diesem Buch ist eindeutig der Weg das Ziel. Durch die lebendige Schilderung der Figuren, der Orte und Ereignisse, macht Beate Rösler das Manko um das eher unspektakuläre Ende wieder wett. Eine wunderbare Lektüre, die empfehlen kann.

Autorenporträt
Beate Rösler, geboren 1968 in Essen, studierte romanische Sprachen in Berlin und arbeitet heute als Deutschlehrerin am Goethe-Institut in Frankfurt/Main. Von 2005 bis 2009 lebte sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Neu-Delhi, wo sie indische Studenten unterrichtete. „Die Reise des Elefantengottes“ ist ihr erster Roman.

Buchinfo
„Die Reise des Elefantengottes“ von Beate Rösler, erschienen September 2014 im Aufbau Verlag
Taschenbuch: Broschur, 350 Seiten, ISBN: 978-3-7466-3085-4
eBook: EPUB ohne DRM, 288 Seiten, EAN: 9783841208286

 

Quellen
Bild: www.aufbau-verlag.de / Text (außer Autorenporträt: Susanne

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