Borneo II: Ein Traum wird wahr – wilde Orang Utans

15. Mai 2018

Pünktlich 6 Uhr stehe ich am Anleger. Ich hatte echt Mühe aus dem Bett zu kommen. Überlegte sogar einfach liegen zu bleiben. Der Kinabatangan scheint ähnlich verschlafen wie ich. Dennoch schickt die Sonne schon die ersten warmen Strahlen. Und es knattert schon das ein oder andere Boot auf dem Fluss. Auch Osman, der erstmal eine seiner Töchter ans andere Ufer fährt, damit sie in die Schule gehen kann.
Ein paar Minuten später erscheint auch der männliche Part des niederländischen Paares. Ich habe mir leider seinen Namen nicht gemerkt – Osman nennt ihn „Mee Hoon“. Seine Freundin May ist zu müde. Und die Spanier halten sich nach gestern Abend vermutlich ganz bedeckt.

Ein echter, wilder Orang Utan!!!

Osman fährt mit uns Flussabwärts. Wir alle schauen angestrengt in die Bäume am Ufer auf der Suche nach Leben. Ein paar Silberne Haubenlanguren, Nasenaffen und Makaken sind zu sehen. Alle verschwinden recht schnell im Wald. Dann dirigiert unser Spotter das Boot ans Flussufer und deutet in die Baumkrone. Ein Orang Utan in seinem Nest.
Hä, wo? Kann das wirklich sein? Sollte ich solches Glück haben? Aufregung durchflutet mich gemischt mit Unglauben. Anfangs kann ich im dichten Grün der Blätter nichts erkennen. Auch mit meinem Fernglas nicht. Und dann sehe ich einen haarigen Arm. Tatsächlich! Ein Orang Utan. Ein echter, wilder Orang Utan. Tränen steigen mir in die Augen und mein Mund ist gar nicht so breit wie er lächeln möchte. Unglaublich! Osman macht sich Sorgen um mich und fragt, ob alles in Ordnung ist. Was ist denn das für eine Frage?!

Ein Nest für zwei

Bald stellt sich heraus, dass in dem Nest nicht nur ein Affe liegt. Wie wahrscheinlich jedes Weibchen hat dieses hier Nachwuchs. Der kleine Kerl ist erst wenige Monate alt und genauso neugierig wie wir. Immer wieder schiebt er seinen Kopf über den Rand des Nests und sieht zu uns runter.
Nach einer Weile klettert die Affendame aus ihrem Nachtlager und macht sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Ganz behäbig und ohne Hektik hangelt sie sich durchs Geäst. Der Nachwuchs klammert sich an sie. Es ist so ein herzerwärmendes Bild.

Aller guten Dinge sind 3 … Orang Utan-Mamas

Als sie im Blätterwald verschwindet fahren wir weiter. Es dauert nicht lange und Osman zeigt erstaunt auf einen etwas entfernten Baum. Dort ist ebenfalls – weithin sichtbar in der lichten Baumkrone – eine Orang Utan-Mama mit ihrem Kind zu sehen. Ihr Fell leuchtet regelrecht in der Morgensonne. Auch sie beobachten wir bis sie verschwindet. Kaum zu glauben, dass wir noch einmal solches Glück haben. Wir sind sprachlos.
Dass wir auch verschiedene Vögel sehen und eine große Gruppe Makaken beim Frühstück geht fast unter. Denn auch auf dem Rückweg entdecken wir noch einmal eine Orang Utan-Mutter mit Nachwuchs. Ich kann es nicht fassen, bin unbeschreiblich glücklich. Das ist mehr als ich je zu träumen gewagt hätte. Es lässt sich gar nicht in Worte fassen, welche Gefühlsstürme in mir toben. Mein Begleiter ist ebenfalls total geflasht.
An Osman gewandt scherze ich, dass ich jetzt ja im Grunde abreisen könnte. Innerhalb von nicht mal 24h am Kinabatangan habe ich das für mich wichtige gesehen. Was könnte das noch toppen?
Auch der seit 30 Jahren in dieser Gegend lebende Gastgeber freut sich sehr. Es ist für ihn ebenfalls besonders. Und dabei hat der Tag erst angefangen!

Elefanten-Suche die Zweite

Beim Frühstück sprudeln „Mee Hoon“ und ich mit unserer Begeisterung heraus. May ärgert sich vermutlich ein bisschen und die Spanier sind etwas reserviert. Sie reisen gleich ab. Wir drei verbleibenden Gäste fahren mit dem Sohn des Hauses zum nächsten ATM (ein 2-Stunden-Ausflug!) um sicherheitshalber noch Geld abzuheben.
Kurz nach dem Mittagessen machen wir uns erneut auf den Weg, um Elefanten zu suchen. Ich glaube Osman ist etwas überrascht, dass ich noch einmal mitfahren will. Aber was soll ich sonst machen? Und ich steh auf Bootsfahrten. Und wann hab ich denn schon die Chance wilde Elefanten zu sehen! Also ab geht’s, den Fluss hoch.

Geduld ist gefordert

Meine Hoffnung, dass die Pygmy-Elefanten vielleicht inzwischen in unsere Richtung gewandert sind, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil, sie gehen gerade flussaufwärts. Wohl im Monatsrhythmus marschieren die grauen kleinen Riesen am Fluss entlang. Allerdings sind sie gottseidank nicht so flink. Wir finden ihre Spuren nicht allzu weit weg vom gestrigen Sichtungspunkt. Auch Mitarbeiter einer NGO tuckern mit ihrem Boot herum. Sie sehen nach dem Rechten und sind ebenfalls auf der Suche nach den Dickhäutern.
Aus dem Wald, der hier dank der Flussschleifen nur auf einem schmalen Stück Land steht, hören wir verdächtiges Knacken und auch ein paar Mal das charakteristische trompeten. Wir warten. Immer mehr Boote kommen an. Der Geräuschpegel steigt, durch all die Unterhaltungen.
Bei ein paar Booten gelingt es Osman sie wieder wegzuschicken, damit es ruhiger wird. Bald aber machen wir selbst uns vom Acker. Oder zumindest fahren wir ein paar Meter weiter. Wir halten gegenüber einer Stelle mit Elefantengras, die die Tiere mit ziemlicher Sicherheit auf ihrem Weg passieren. Ein zweites Boot mit 2 Touristen und 2 Guides gesellt sich zu uns.

Ein großartiges Schauspiel

Gemeinsam können wir nach etwas Wartezeit tatsächlich beobachten wie das hohe Gras beginnt zu wackeln. Es knackt und raschelt. Immer mal wieder blitzt etwas Graues auf zwischen den Halmen.
Bald haben die Tiere so viel gefressen und niedergedrückt, dass wir einen ganz guten Blick haben. Es ist eine Gruppe von etwa 10-15 Tieren. Einige Elefantenkinder sind dabei wie wir entzückt feststellen. Es ist ein großartiges Schauspiel. Ich bin dankbar für Osman und seine Kenntnis der Natur hier, die bei der Tiersuche eine so große Rolle spielt.
Wir bleiben bis der letzte Elefant wieder im Wald verschwunden ist. Unser aller Augen leuchten. Auch heute wieder sind die Fotoapparate heiß gelaufen. Und damit nicht genug.

Überraschung zum Abschluss

Auf dem Rückweg, den wir noch im Hellen antreten, wartet eine weitere Orang Utan-Begegnung auf uns. Dieses Mal ist es ein Männchen. Es verputzt ein paar letzte Früchte und beginnt dann sich ein Nest für die Nacht zu bauen. Hier sind wir auch nicht die Einzigen. Andere Boote von den diversen Lodges und Resorts sind nun, kurz vor der Dämmerung, ebenfalls in rauen Mengen unterwegs.
Selbst Osman ist über diesen 7. Affen des Tages fassungslos. Nur ein einziges Mal in seinem Leben hat Osman an einem Tag so viele Orang Utans gesehen. Das ist schon länger her. Für mich ist er ab sofort Mr. Incredible, weil es einfach unglaublich ist, was er mir hier am Kinabatangan gezeigt hat.

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