Bisher war mir nicht bewusst, dass es Biografien über Bücher gibt. Aber um so etwas handelt es sich offenbar hier bei „Und alle benehmen sich daneben“. Aber natürlich geht es auch um Hemingway, den großen Ernest Hemingway. Vor allem aber eben um die Entstehungsgeschichte seines ersten großen Romans und die Zementierung seiner Legende.
Als Ernest Hemingway mit seiner Frau im Jahr 1924 nach Paris geht, ist er gerade mal Anfang 20. Zweifellos ist er talentiert und ehrgeizig. Seinen Traum ein berühmter Schriftsteller zu werden verfolgt er unerbittlich. Schon zu der Zeit werden andere auf ihn aufmerksam. Der Autor Sherwood Anderson beispielsweise, der Hemingway in Paris Zutritt zu sonst verschlossenen Salons verschafft. So lernt der ambitionierte junge Schriftsteller unter anderem Gertrude Stein und Ezra Pound kennen, die beide seine Mentoren werden.
Über die Jahre hinweg entwickelt Hemingway seinen eigenen Stil und findet auch einen amerikanischen Verlag, der eine erste Kurzgeschichtensammlung herausbringt. Einen wirklichen Roman hat Hemingway noch nicht geschrieben. Er wartet auf den nötigen Druck und damit verbunden eine zündende Idee. Sein Faible für den Stierkampf und die jährlichen Reisen nach Pamplona verschaffen ihm schließlich worauf er wartet.
Eine dieser Reisen mit seinen damaligen Freunden und Gefolgsleuten ist so emotional aufgeladen, dass Hemingway sie in seinem Roman „The sun also rises“ (dt. „Fiesta“) zum Thema macht. Keiner seiner Begleiter ahnt, dass er bald völlig überzeichnet und wenig unkenntlich gemacht in Hemingways grandiosen Debüt unsterblich wird.
Innerhalb weniger Monate ist der Roman fertig und wird binnen kürzester Zeit veröffentlicht. Das Echo ist riesig. Denn sowohl das Thema als auch der neue Schreibstil erschüttern die Leserschaft. Und über Hemingways Person wird ebenso viel Trubel gemacht wie um sein Werk.
Ein hinterfotziger Arsch
Das Buch war nicht ganz das was ich erwartet habe, obwohl der Ansatz ein sehr interessanter ist. „Hemingway“, das war für mich bisher ein immer eher geheimnisvoller Begriff. Die Bezeichnung einer sagenumwobenen Person, die sich tragischerweise selbst das Leben nahm. Darum habe ich nach dieser Lektüre gegriffen.
Das geheimnisvolle ist für mich nun definitiv verflogen. Und obwohl auf gefühlt jeder 5. Seite steht wie nett und charmant und einnehmend Hemingway war, so ist bei mir einzig der Eindruck hängen geblieben, dass er ein hinterfotziger Arsch war. Mag sein war er talentiert, aber dann war er eben ein talentierter hinterfotziger Arsch. Er nutzte andere nach seinem Gusto aus. Und sobald er jemanden nicht mehr brauchte bzw. eine Person in Ungnade gefallen war, wurde sie auf negative Weise in einer Kurzgeschichte oder gar einem Roman verwurstet.
Abgesehen von meiner neuerlichen Aversion gegen die Person Hemingway, bin ich auch unsicher, ob mir sein kurzangebundener Schreibstil gefällt. Das werde ich noch rausfinden müssen.
Das Buch jedenfalls fand ich zu langatmig. Es sind viel zu viele Namen mit denen die Autorin um sich wirft. Was noch verwirrender wird, sobald die Romanfiguren hinzukommen, die auf echten Menschen beruhen. Immer wieder sind auch Zitate von und zu Nebenpersonen angeführt, die keine große Rolle spielen. Da hätte man deutlich kürzen können. Denn das stellt die Geduld auf die Probe. Andererseits ist diese Ausgabe offenbar schon eine stark gekürzte Version, denn das Manuskript war ursprünglich etwa 1.400 Seiten lang.
Gut finde ich aber die angehängten Biografien aller in „The sun also rises“ vorkommenden Personen, mit Augenmerk auf ihr Leben nach der Veröffentlichung des Buches.
Alles in allem ist das Buch eher was für wirklich interessierte und Liebhaber.
Autorenporträt
Lesley M. M. Blume, in New York geboren, ist die Tochter einer Pianistin und eines Journalisten. Nach einem Studium der Geschichte folgte sie ihrem Vater in den Newsroom und begann ihre Karriere in Ammann bei der ›Jordan Times‹. Zurück in New York war sie u.a. als Reporterin für ›ABC News Nightline‹ tätig. Heute lebt und arbeitet die vielfach ausgezeichnete Autorin in Los Angeles und hat sich auf kulturgeschichtliche Themen und herausragende Persönlichkeiten spezialisiert. Sie schrieb über Jackson Pollock, Truman Capote, Ernest Hemingway und andere. Ihre Essays und Artikel erscheinen in ›Vanity Fair‹, ›The Wall Street Journal‹ und ›Vogue‹.
Buchinfo
„Und alle benehmen sich daneben – Wie Hemingway seine Legende erschuf“ von Lesley M.M. Blume, erschienen bei dtv
Hardcover: 528 Seiten, € 24,00, ISBN: 978-3-423-28109-6
eBook: 464 Seiten, € 20,59, ISBN 978-3-423-43130-9
Quellen
Bild/Autorentext: www.dtv.de /Text (außer Autorenporträt): Susanne
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