Liv Winterberg hat in Deutschland bisher die Romane „Vom anderen Ende der Welt“ und „Sehet die Sünder“ veröffentlicht. „Klang der Lüge“ ist Ihr aktuelles Buch, das in 2014 bei dtv premium erschienen ist. Die historischen Romane haben alle einen realen Hintergrund und bieten willensstarken Frauen eine Bühne.
Frau Winterberg, in 2014 erschien bei dtv premium Ihr drittes Buch „Der Klang der Lüge“. Wie die vorherigen Romane ist auch dieser ein historischer Roman. Sie sagten einmal, beim Genre des historischen Romans vereinen sich Ihre Leidenschaften fürs Recherchieren und Schreiben. Da Sie ja auch als Rechercheurin arbeiten, nun die bekannte Huhn-Ei-Frage: Was war zuerst da? Der Drang zu schreiben oder die Recherchelust?
Diese Frage ist einfach zu beantworten, denn das Schreiben hat mich schon ganz früh „gepackt“.
Wären die Zeiten in denen Ihre Romane angesiedelt sind auch Zeiten in denen Sie gern gelebt hätten?
In die Vergangenheit reisen, wenn es denn ginge, und für eine Weile erleben, wie das Leben damals ausgesehen hat, das würde mich durchaus interessieren. Aber alles, was wir aus früheren Zeiten wissen, macht es zumindest für mich schwer, eine Epoche zu finden, von der ich sage würde, in dieser hätte ich gern gelebt.
Wie viel von der Person Liv Winterberg steckt in den Protagonistinnen der Bücher?
Hoffentlich so wenig wie möglich, denn ich möchte gern eigenständige Protagonistinnen entwickeln. Es wäre ein seltsames Gefühl, so als würde ich über mich schreiben, wenn ich den Figuren Charaktereigenschaften von mir mitgeben würde.
Sie reihen sich bisher nicht ein in die Riege derer, die eine Roman-Serie mit einer wiederkehrenden Hauptfigur schreiben. War das eine bewusste Entscheidung? Warum?
Ja, unbedingt, denn es sind die Themen, die mich abholen bzw. ansprechen. Dieses Interesse an einer Epoche, Biographie oder Fragestellung weckt die Recherchelust; die Neugier, in vergangene Zeiten abzutauchen. Aus diesem Prozess ziehe ich einen Teil meiner Motivation, und jeder Roman ist damit ein neues Abenteuer, zwar am Schreibtisch erlebt, aber nicht weniger anregend. Insofern denke ich, dass das Genre diese Entscheidung begünstigt hat, denn die Vergangenheit wartet mit vielen spannenden Fragen und Themen auf.
Wie und wo recherchieren Sie für Ihre Romane? Inwieweit hilft Ihnen das Internet und wie weit gehen Sie für die persönliche Recherche?
Für die Recherche wird herangezogen, was möglich ist. Primär- und Sekundärliteratur, also vom Roman, über das Sachbuch bis hin zum Reiseführer oder Stadtplan. Gern schaue ich mir Filme an, damit meine ich auch Dokumentationen, die das Thema oder Teilaspekte davon aufgreifen, nutze das Internet, besuche Archive und Museen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit mit Experten, denen ich Fachfragen stellen kann, bspw. um Ergebnisse meiner Recherchen zu überprüfen oder zu vertiefen. Eine Biologin, ein Schiffshistoriker, mehrere Mediziner, (ein Psychiater, ein Chirurg oder auch ein Physiotherapeut waren dabei) ein Kirchenhistoriker – sie alle haben mir Rede und Antwort gestanden. Gern würde ich noch mehr reisen für die Recherche, aber das bekomme ich noch nicht in dem Maße unter einen Hut, wie ich es gern hätte – Schreiben, Familie samt Kleinkind und tägliche Arbeit. Da gibt es noch Luft nach oben.
Welches Erlebnis im Rahmen Ihrer Recherchearbeit hat Sie besonders beeindruckt und ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Wenn ich recherchiere, bekomme ich eine Art „Jagdfieber“, da kann schon die Entdeckung eines bestimmten Buches ein Highlight sein oder eine Holzbank im Museum zum Teil einer Geschichte werden. Genauso kann ein Gemälde aus der jeweiligen Zeit, das mir einen Aspekt bebildert, den ich bisher nicht vor Augen hatte, Euphorie auslösen. Insofern ist es schwer, die Frage zu beantworten. Denn entweder ich berichte nun von zahlreichen Erlebnissen oder ich belasse es bei der Feststellung, dass meine Vorliebe für Recherche manchmal für Außenstehende auch belustigende Züge annehmen kann, wenn ich mich mit leuchtenden Augen über Dinge freue, die anderen ein Schulterzucken verursachen.
Gibt es einen Ort an dem Sie besonders gern arbeiten, an dem es Ihnen leichter fällt zu schreiben und die Bücher zu entwerfen? Oder vielleicht eine Tages-/Nachtzeit zu der Sie besonders produktiv sind?
Nein, so eine Zeit oder so einen Ort hätte ich gern, aber beides gibt es leider nicht. Ein wenig Ruhe ist vorteilhaft, ich gehöre nicht zu den Menschen, die besonders konzentriert schreiben können, wenn beispielsweise Musik läuft oder Bauarbeiten in der Nähe stattfinden.
Was passiert bei Liv Winterberg, sobald ein Manuskript endgültig abgeschlossen ist? Wird gefeiert, gibt es eine kreative Pause oder stürzen Sie sich sofort in das nächste Buchprojekt?
Da ich stets schon während der Arbeit an einem Roman, Ideen oder konkrete Entwürfe für weitere Projekte habe, ist das Schreiben mehr oder weniger ein fortlaufender Prozess. Doch wenn ich einen Roman abgegeben habe, dann gönne ich mir schon eine Auszeit, allerdings eher um die Dinge zu erledigen, die im Endspurt liegen geblieben sind. Es soll jetzt aber nicht der Eindruck entstehen, dass ich jeden Tag am Schreibtisch sitze und am Roman arbeite. Auch während des Schreibprozesses gibt es bei mir immer wieder Phasen, in denen ich nicht zum Schreiben komme – die Gründe sind hier vielfältig.
Was mögen Sie ganz besonders an Ihrem Leben als Autorin und was empfinden Sie eher als Nachteil?
Das Schreiben ist ein selbstbestimmter Prozess, das schätze ich sehr und genau das ist es auch, was mich manchmal stört.
Gibt es bereits ein neues Buchprojekt an dem Sie arbeiten? Können und möchten Sie davon erzählen?
Das nächste Romanprojekt ist in Italien angesiedelt, im 17. Jahrhundert und wieder einmal mehr bin ich durch reale Begebenheiten inspiriert worden. Auch wenn ich jetzt gern stundenlang darüber erzählen würde, halte ich mich zurück, denn ich bin noch inmitten des Schreibprozesses.
Welche Empfehlungen würden Sie Neu-Autoren mit auf den Weg geben?
Das wäre abhängig von meinem Gegenüber, also von dem, was der Neu-Autor wissen wollen würde. Generelle Empfehlungen würde ich nur ungern geben, denn jeder Einstieg ins Autorenleben ist anders.
Gibt es eine Frage, auf die Sie bei einem Interview sehnlichst warten, die aber bisher nie gestellt wurde?
Die Frage ist schön, und ich bin ein wenig enttäuscht – denn so sehr ich darüber nachdenke, mir fällt leider nichts ein!
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