Borneo II: Ganz entspannt am Fluss

16. Mai 2018

Heute ist der 16. Mai und ich ziehe mit Osmans Sohn Tom los. Für heute ist er mein Bootsführer und Spotter. Die beiden Niederländer reisen ab. Und Osman muss heute nach Sandakan, da morgen der Ramadan für ihn und seine Familie beginnt. Vorher gilt es einiges zu besorgen und auch noch die Familie in der Stadt besuchen. Der Hausherr hat sich gestern schon mehrfach entschuldigt dafür.
Osman bereitet mich auch darauf vor, dass er deshalb am kommenden Tag schon Nachts 3 Uhr aufsteht und mit seiner Familie frühstückt. Denn ab 5.30Uhr – ab Sonnenaufgang – dürfen sie kein Essen und keine Getränke mehr zu sich nehmen. Erst am Abend zum Sonnenuntergang bzw. ab 18.30Uhr ist Essen/Trinken wieder erlaubt.
Mein Angebot ebenfalls auf mein Frühstück zu verzichten am nächsten Tag, lehnen sie allerdings ab. Ich bekomme selbstverständlich etwas zum Essen.

Eine weitere Morning-Cruise

Es ist ein ruhiger Tag. Nach all den Tiersichtungen gestern kann ich auch nichts gleichwertiges oder gar eine Steigerung erwarten. Aber natürlich bleibt der Hoffnungsschimmer einen weiteren Orang Utan zu sehen. Gegen 6 Uhr steige ich zu Tom ins Boot. Ich glaube, er ist ein bisschen unglücklich, dass ich diese frühe Bootstour machen will. Er war gestern lange aus.
Auch der Fluss scheint heute noch verschlafener als gestern. Nur langsam schält er sich aus dem morgendlichen Nebel. Die Sonne ist lange Zeit nur ein verschwommenes Licht.
Tom fährt mit mir den gleichen Weg, den wir gestern früh nahmen. Er zeigt mir ein Krokodil, mehrere Affen und Hornvögel. Einen Kingfisher (oder auch Eisvogel) entdecke ich selbst. Wieder fahren wir in den kleinen Seitenarm, den ich inzwischen so gut kenne. Dort sitzen zuverlässig Makaken und das ist vermutlich für alle Naturguides der letzte Rückhalt, wenn man den Touristen sonst nichts zeigen kann.

 

Auch die Evening-Cruise ist unspektakulär

Auch bei der Evening-Cruise sehen wir wenig mehr. Wobei doch. Tom zeigt mir eine Ansammlung von kleinen Vogelnestern, die sich in eine Felsnische schmiegen. Dort herrscht ein Flattern und Fliegen, ein Kommen und Gehen. Und an anderer Stelle entdeckt er einen gut getarnten Waran auf einem Baum. Bisher sah ich die nur auf dem Boden, obwohl ich weiß, dass sie klettern können. Auch Nasenaffen und Silberne Haubenlanguren sehen wir.
Ohne unzufrieden zu sein oder unhöflich, sind diese beiden Touren unspektakulär. Ich hatte meine Highlights und genieße nun den Blick auf den Wald. Werde ich das nach meiner Abreise wiedersehen? Oder wird das mein letzter Blick auf den Regenwald am Kinabatangan sein? Ich bemühe mich nicht jetzt schon wehmütig zu werden.
Es dauert etwas bis Tom auftaut. Die Offenheit und Routine im Umgang mit den Touristen muss er sich bei seinem Vater wohl noch abschauen. Vielleicht muss er auch noch etwas mehr Begeisterung entwickeln für die Natur oder aber er zeigt sie nicht so. Aber ich bemerke, dass er sich gerade auf der Nachmittagstour darum bemüht mir mehr zu erklären und meine Fragen ausführlicher zu beantworten.

 

Ganz entspannt

Zwischen den Touren liege ich faul auf der Veranda rum, schlafe sogar mal ein. Ich lese, schreibe Postkarten und gucke in der Gegend rum. Vom Anleger aus beobachte ich ein Gewitter. Es beginnt zu regnen und auf dem Wasser kann ich sehen, wie der Regen näher kommt. Das ist faszinierend und geht ganz schön fix.
Als es mich erreicht, stürmen auch schon die Töchter des Hauses zur vollbehängten Wäscheleine, um die fast trockene Kleidung in Sicherheit zu bringen. Wenigstens ein paar Klamotten kann ich mit ins Trockene holen. Dann schifft es 2-3 Stunden lang. Ich befürchte schon fast, dass die nachmittägliche Bootstour regelrecht ins Wasser fällt.
Am Abend kehren der Hausherr und seine Frau zurück. Er ist sichtlich erleichtert, dass er die Stadt hinter sich gelassen hat. Ich erfahre noch ein wenig mehr über ihn und seine Familie und erzähle ihm etwas über meine. Für viele hier ist es komisch, dass ich nicht verheiratet und Mutter bin. Osman entschuldigt sich sogar dafür mich darauf angesprochen zu haben. Bis ich ihm erkläre, dass ich das nicht schlimm finde und damit im Moment auch glücklich bin.

 

Abschied mit feuchten Augen

Mag Osman anderen gegenüber vielleicht herrisch erscheinen, ich lerne ihn als einen Menschen kennen, der sich sehr um mich bemüht, der freundlich ist und darin bestrebt mir all die Schönheiten seiner Heimat zu zeigen. Er kümmert sich ganz rührend um mich. Das gilt im Übrigen auch für seine Frau und seine Kinder, die sich jedoch sehr im Hintergrund halten.
Der Abschied am nächsten Morgen fällt schwer. Ich muss tatsächlich ein paar Tränen verdrücken. Und ich habe den Eindruck, dass Osman und Yanti ebenfalls ein bisschen ein schweres Herz haben. Wir wünschen uns gegenseitig alles Gute und die Hoffnung auf ein Wiedersehen ist glaube ich nicht nur so daher gesagt.
Dann bringt das Taxi mich nach Sandakan zum Flughafen, von wo ich nach Kota Kinabalu, dem letzten Punkt meiner Reise, fliege.

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