Samstag, 29. April 2017
Die Kurzfassung:
Wir fahren in den Bako Nationalpark. Superwetter heute, die Sonne brennt und es ist heiß. Wir sehen Nasenaffen, Silberhaubenlanguren, Bartschweine, einen Waran und ganz viel Natur. Heute wird außerdem gewandert, bis die Sohle raucht. Gemeinsam mit Tom, Angelika und Ralf ziehe ich das volle Programm durch und werde am Ende des Tages furchtbar stolz auf mich sein. Ich krieche über Wurzeln und durch Löcher und der Schweiß läuft in Strömen.
Außerdem besuchen wir die bornesische Version des Elbsandsteingebirges und bei der abendlichen Tiersuche lerne ich Karlheinz kennen. Wir werden nur eine Nacht miteinander haben.
Und jetzt ausführlich:
Heute geht es in den Bako-Nationalpark. Wir treffen uns mit Tom am Restaurant um 08.08Uhr. Ja, die Zeit hat er vorgegeben. *g* Erst mit dem Bus ca. 45 Minuten Fahrt und anschließend nochmal ca. 20 Minuten mit einem Boot. Am Anleger muss ich ausnahmsweise mal aufs Klo. Dank der Hitze habe ich das Problem sonst nicht. Und ich würde es auch nicht erwähnen, wenn ich nicht hier in die Zwangslage käme, eines der üblichen Loch-im-Boden-Klos zu benutzen. Normalerweise gibt es wenigstens auch eine Kabine mit einer normalen, bei Europäern bekannten Schüssel. Hier am Anleger nicht. Außerdem ist der Boden nass und schmutzig, weil die Einheimischen üblicherweise kein Papier verwenden, sondern sich untenrum abduschen. Andererseits haben mich jahrelange Besuche auf deutschen Autobahnklos auch abgehärtet.
Der Einstieg ins Boot wird begleitet von besorgten Blicken ins Wasser und ans Ufer. Denn am Steg prangt ein großes Schild, das vor Krokodilen warnt. Gudrun wird nervös. Aber nur Minuten später sind wir schon auf dem Weg. Auf dem Meer genieße ich den einmaligen Anblick eines „Meerizontes“. Ich gebe zu, dass ist eine Wort-Eigenkreation, weil ich nicht weiß, wie es sonst heißt. Es ist das Phänomen, dass ich nicht weiß wo Meer endet und Himmel anfängt. Ich kann nicht bestimmen wo der Horizont genau liegt, weil einfach alles blau und weiß ist. Ein märchenhafter Anblick.
Begrüssungskomitee: Silberne Haubenlanguren!
Wir langen an einer kleinen Bootsanlagestelle an. Schon auf dem ersten Baum sitzt ein Silberner Haubenlangur. Wie putzig die aussehen! Auch das zweite Boot mit dem Rest meiner Reisegruppe und Tom kommt an. Wir werden begrüsst von einer ganzen Affenbande. Eine größere Gruppe Haubenlanguren möchte die Brücke überqueren, die über den kleinen Flussarm führt auf dem wir angekommen sind. Aber wir stehen im Weg. Nacheinander sprinten große und kleine Affen an uns vorbei. Manche stürzen einfach drauf los. Andere, vor allem die kleinen zögern etwas. Genügend Zeit viele Fotos zu machen.
Auf einem Plankenweg geht’s zur Parkverwaltung, wo wir angemeldet werden müssen. Hier ist auch die Kantine, ein Informationscenter und vermutlich auch die Verwaltung für die Hütten, in denen man hier übernachten kann. Wir starten unseren Spaziergang über weitere Plankenwege vorbei an den Unterkünften und in den Regenwald. Schon nach wenigen Metern sehen wir einen Nasenaffenmann. Und mir zeigt Tom Orchideen, wann immer er welche sieht. Es sind nicht viele und sie sind oft deutlich kleiner als die Phalaenopsis, die in Deutschland bekannt ist.
Tom bleibt immer wieder stehen und erklärt uns viel über die Pflanzen- und Tierwelt. Durch das Blätterdach dringt nicht so viel Sonne, was gut ist. Aber an der Luftfeuchtigkeit ändert es leider nichts. Schon nach wenigen Minuten bin ich durchgeschwitzt. Unser Spaziergang dauert vielleicht eine Stunde. Dann geht es zurück Richtung Kantine.
Ein armes Schwein
Doch dann hält Tom uns zurück. Er erwähnte vorher schon die Option eine Zusatzwanderung für die Bekloppten, die bereit sind sich bei den Temperaturen noch ein bisschen durch den Regenwald scheuchen zu lassen. Gudrun ist logischerweise nicht mit von der Partie. Ulla und Uwe lehnen auch dankend ab. Angelika und Ralf und ich lassen uns auf den Spaß ein.
Während die anderen begleitet von unserem Bootsführer zurück zur Verwaltung gehen, starten wir vier unsere Zusatzaktion. Wir beginnen an einem steilen Stück an dem wir vorher schon vorbei kamen. Damals dachte ich mir „Die armen Schweine, die hier hoch müssen!“ Jetzt bin ich das arme Schwein und verfluche mich schon nach fünf Metern. Aber Aufgeben ist jetzt keine Option mehr.
Ich laufe als Letzte und nehme mir so den Druck, dass jemand hinter mir sich aufgehalten fühlt. So kann ich mein Tempo selbst bestimmen und notfalls kurz Pausen einlegen. Die anderen Drei bleiben ohnehin auch immer mal stehen, weil Tom was erklärt. Habe ich erwähnt, dass wir dieses Mal keinem Plankenweg folgen, sondern einem Trampelpfad durch den Dschungel folgen? Es gibt jede Menge Wurzeln und Steine, geht bergauf und bergab. Es ist richtig anstrengend.
Nadelkissen und das … Elbsandsteingebirge???
Wir machen eine kleine Rast oberhalb eines Tümpels und beobachten ein paar Vögel, genießen ansonsten die Ruhe und Abgeschiedenheit. Weiter geht es dann bis zum Strand, mit seinen Mangroven und beeindruckenden Felsformationen. Es ist tatsächlich Sandstein, wie ich ihn aus dem weiteren Umkreis meiner Heimat kenne. Das Elbsandsteingebirge ist ja bekannt dafür. Es herrscht Ebbe und die Wurzeln der Mangroven strecken sich aus dem feuchten Sand. Es sieht ein bisschen nach einem Nadelkissen aus.
Hier schlendern wir ein bisschen rum, bestaunen die großen Steine, die steil aufragen, beobachten Einsiedlerkrebse und genießen einfach dieses wunderschöne Fleckchen Erde. Eine traumhafte Kulisse unter diesem blauen Himmel.
Schließlich gehen wir den gleichen Weg zurück, bis auch wir wieder bei der Kantine ankommen. Unterwegs sehen wir noch ein paar Nasenaffenmännchen und zwei weitere Grubenottern – eine davon doppelt so groß wie Horst. Und ein Bartschwein verstellt mir den Weg. Obwohl die Guides mir vom Balkon der Kantine winken, dass ich keine Sorge haben brauche, bin ich nicht unbedingt entspannt, als ich in 1m Entfernung an dem großen Tier mit den stechenden Augen vorbeilaufe. Aber es bleibt ganz ruhig stehen und rührt sich nicht.
Wandern mit vollem Körpereinsatz
Nach dem Essen machen wir uns auf den Weg zur Bootsanlegestelle. Tom sagt, er habe eine weitere Wanderung für uns, die ebenfalls durch Dschungel führt und nicht bequem ist. Wir müssten sogar durch einen Tunnel kriechen. Gudrun lehnt dankend ab. Angelika, Ralf und ich sind sofort dabei. Ulla und Uwe überlegen etwas, entscheiden sich dann aber auch mitzukommen. Ich kleistere mich eben nochmal mit Insektenschutz und Sonnenspray zu. Gemeinsam mit dem Schweißfilm auf meiner Haut stellt das sicherlich eine ordentliche Barriere gegen alles dar. Vorallem für die Luftzufuhr. Und erst recht für sämtliche Annäherungsversuche.
Wir lassen Gudrun und den Bootsführer im Schatten des Anlegers zurück und machen uns auf den Weg. Erst geht es durch Mangrovenwald und schließlich biegen wir nach links ab in den Wald. Dieser schmiegt sich an einen großen Felsen. Unser Weg wird also links von Abgrund begrenzt und rechts von Felsen. Auch hier müssen wir dank der vielen Wurzeln aufpassen wo wir hintreten. Ich bin wieder freiwillig die Letzte.
Manchmal sind die Abstände von einem Tritt zum nächsten recht groß. Dann rutsche ich bergab manchmal auf dem Hintern oder klettere auf Händen und Knien. Voller Körpereinsatz, chaka! Ebay sei dank für meine flexible und robuste Kleidung.
„Müssen wir hier wieder hoch???“
Irgendwann kommen wir an einen Abstieg, bei dem Ulla besorgt fragt, ob wir hier wieder hoch müssen. Ich kann diese Frage gut nachvollziehen. Es ist steil und ein Aufstieg würde zu diesem Zeitpunkt wohl einen Herzinfarkt bedeuten. Aber Tom beruhigt sie (und mich). Wobei man manchmal nicht weiß, ob er einen nicht veräppelt und wir nachher doch wieder hier hoch kriechen müssen.
Also machen wir uns an den Abstieg. Unten wartet der Tunnel, durch den wir kriechen sollen. Ich weiß nicht, ob Ulla jetzt doch der Weg zurück nach oben lieber wäre. Ich jedenfalls feixe vor mich hin, wenn ich mich nicht gerade aufs runterklettern konzentriere. Der „Tunnel“ ist ein Loch, dass vielleicht 2/3 so hoch ist wie ich – also ca. 1,2m – und anderthalbmal so breit – also ca. 1m. Als Letzte sehe ich ja wie die anderen durchkriechen und wie ich es besser machen kann. Dementsprechend easy komme ich durch und lande wieder einmal auf einem Mangrovenstrand. Nun geht es auf dem feuchten Sand zurück zu Gudrun. Unterwegs sehen wir wieder Sandsteinfelsen, die besonders im unteren Bereich von Muscheln übersät sind. Das sieht schön aus.
Ausflug Entlang der Sandsteinküste
Die nächste Option wartet schon auf uns. Wer möchte, kann mit dem Boot noch ein Stück auf dem Meer entlang fahren und vom Meer aus die Felsformationen ansehen. Bis auf Gudrun sind auch hier alle dabei. Das kostet uns zwar noch mal extra was, aber das ist es mir schon wert. Wir werden etwa 30 Minuten vorbei geschippert an beeindruckenden Felsen und Steinen, gekrönt von dunkelgrünem saftigen Regenwald unter einem strahlend blauen Himmel. Dazwischen sehen wir einsame Strände. Man möchte gar nicht mehr weg hier.
Aber der Bootsführer kehrt halt doch irgendwann um und es geht zurück zur Anlegestelle in Bako, wo wir am Vormittag das Boot bestiegen haben. Dort wieder rein in den Bus und zurück zum Permai Rainforest Resort.
Von unten nass, von oben nass – bleibt sich egal
Es ist noch Zeit vor dem Abendessen für ein Bad im Meer. Es ist die letzte Gelegenheit für die nächsten Tage, die ich nutzen will. Also Badeanzug schnappen und ab zum ersten Strand, wo es dank Flut auch nicht weit bis zum Wasser ist. Doch es beginnt zu regnen und so beende ich mein Bad schon nach 10 Minuten. Schreibe ich halt noch ein paar Postkarten vor dem Dinner.
Nachher ist auch nochmal ein Nachtspaziergang angesetzt. Auf dem entdecken wir wieder Enrico, der sich wie Horst immer am gleichen Platz aufzuhalten scheint. Auch einen Riesengleiter finden wir wieder. Doch zum Gleiten kriegen wir ihn nicht. Aber dem Tier sei seine Ruhe gegönnt.
Außerdem lerne ich Karlheinz kennen. Karlheinz ist eine übel große Spinne, die vor meinem Baumhaus ihr Netz gespannt hat. Ich mache ihm freundlich, aber nachdrücklich klar, dass es besser wäre, wenn er einfach bleibt wo er ist und nicht versuchen würde in mein Baumhaus zu schleichen. Da er am nächsten Morgen noch in seinem Netz hängt, gehe ich davon aus, dass er meine Bitte beherzigt hat.
Ich bin so stolz auf mich
Ich bin heute mächtig stolz auf mich. Das könnt Ihr Euch kaum vorstellen. Es zeigt sich der Lohn für die letzten Monate im Fitnessstudio. Obwohl ich mich selbst verfluchte und auch ein bisschen in mich reinjammerte, habe ich heute die anstrengenden Wanderungen alle mitgemacht. Tom spricht mir dafür schon in Bako seinen Respekt aus. Und auch alle anderen Reisegruppenteilnehmer habe ich offenbar überrascht.
Besonders Gudrun wird im weiteren Verlauf der Reise meine schier unerschöpfliche Energie immer wieder bewundern. Denn abgesehen vom nächtlichen Schlaf, gönne ich mir kaum Ruhezeiten. Nachdem ich das in Ecuador verkackt habe, will ich hier so viel wie möglich sehen und selbst unternehmen. Um in einem Hotelzimmer rumzusitzen bin ich nicht hergekommen.
Es macht sooooo großen Spaß, Deine Berichte zu lesen und die Fotos dazu…..einfach hammertoll!
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Und nochmal danke. 🙂 Letztens habe ich sogar in der Doku „Expedition ins Tierreich – Wildes Südostasien“ einen Strandabschnitt wieder erkannt, den ich auch fotografiert hab. Ein schöner Moment.
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