Stefan Krauth: Stummer Abschied

Nach dem Tod von Cecilia nimmt Stefan Krauth den Leser mit auf die Amerika-Reise mit seinem kleinen Sohn Emil. Während der Reise beginnt Emil sich zu übergeben. Die konsultierten Ärzte sind keine Hilfe bzw. veranlassen nicht die notwendigen Untersuchungen. Erst zurück in Deutschland erhalten Stefan und Emil die erschütternde Diagnose.

_Stummer AbschiedCecilia und Stefan sind gerade erst seit einigen Monaten Eltern des kleinen Emil. Schon seit geraumer Zeit klagt Cecilia über Kopfschmerzen und Übelkeit. Eines Tages im Januar, die Schmerzen und Übelkeit sind besonders schlimm, legt sich die junge Mutter ins Bett. Wenig später findet Stefan seine leblose Frau. Alle Wiederbelebungsversuche sind erfolglos, Cecilia ist tot. Ein unentdeckter Gehirntumor ist die Todesursache, wie sich später heraus stellt.
Stefan Krauth erinnert sich an diesen Tag und an den erst wenige Wochen zuvor erlebten gemeinsamen Urlaub. Aber er muss jetzt für den kleinen Emil da sein, der gar nicht begreift, was er so unvermittelt verloren hat.
Zum Ende des Jahres hin, reist Stefan mit Emil nach New York. Der ist inzwischen ein aktives, fröhliches und neugieriges Kind, das allen Menschen gegenüber unbedarft und offen ist. Die beiden wollen für einige Monate bei einer Freundin wohnen. Als der fidele Emil sie aber zunehmend bei der Arbeit stört, entschließt sich Stefan zur vorzeitigen Abreise. Es soll nach Kolumbien gehen, zu einer weiteren Freundin: Lelia.
Mit dem Auto fahren Vater und Sohn quer durch Amerika, machen halt in verschiedenen Städten, bis sie schließlich die letzte Etappe mit dem Flugzeug bis nach Bogota abkürzen. Gemeinsam mit Lelia zieht die kleine Familie für einige Wochen nach Salento inmitten der Andenausläufer. Die Idylle wird bald getrübt, da Emil sich immer wieder übergibt und weder Flüssigkeit noch Nahrung bei sich behält.
Die Krankenhausaufenthalte sowohl in Salento als auch später in Bogota bringen keine Besserung. Stefan Krauth ist froh, als er endlich mit seinem Sohn wieder in Berlin ist. Umgehend macht er sich mit Emil auf den Weg zum Arzt und bald wird zur bitteren Gewissheit, was bisher undenkbar war: Emil hat ebenfalls einen Gehirntumor. Obwohl sofort operiert wird, gibt es für den kleinen Jungen keine Rettung. Stefan Krauth bleibt nichts außer am Bett seines Sohnes zu wachen, bis dieser stirbt.

Theoretisch meine Kragenweite, praktisch … nicht

Dieses Buch über den Tod einer jungen Mutter und schließlich auch ihres kleinen Sohnes, ist theoretisch total meine Kragenweite. Theoretisch deshalb, weil es in der Praxis ganz anders aussieht.
Obwohl es sich um persönliche Erinnerungen handelt, fand ich es seltsam unpersönlich. Für mich las es sich sehr distanziert und emotionslos. Meistens wenn Stefan Krauth über das wiederholte Erbrechen seines Sohnes schreibt, war für mich beispielsweise nicht erkennbar, ob er sich darüber Sorgen macht. Er geht scheinbar darüber hinweg, indem er mit wenigen Worten beschreibt, wie er das Erbrochene wegwischt und die Kleidung wechselt. Nur im Krankenhaus sind ein paar Emotionen spürbar. Und die Erinnerungen an seine Frau beschränken sich zum Großteil auf den Anfang des Buches.
Vielleicht ist dieser Stil genau das, was der Autor gebraucht hat, um überhaupt über seinen immensen Verlust zu schreiben; um das Ganze evtl. bis zu einem gewissen Grad zu verarbeiten. Nicht jeder kann und will seine Emotionen öffentlich machen. Daher möchte ich das bitte nicht als Vorwurf verstanden wissen, denn ich weiß aus Erfahrung, dass jeder anders mit Trauer umgeht.
Nichtsdestotrotz lasst mich sagen, dass mich (wahrscheinlich ob der fehlenden Gefühlsduselei,) dass Buch nicht wirklich berührt hat. Ich fand auch den Zeitsprung im Buch irritierend, der sich nur im Vorübergehen erschließt. Man hätte kurz angeben können, wie viel Zeit zwischen dem Tod der Frau und der Reise von Vater und Sohn verging – ob 6 Monate oder anderthalb Jahre. Das mag für die Geschichte vielleicht nicht relevant sein, aber mich stört so etwas, weil ich mir dann darüber Gedanken mache, während des Lesens.
Die erzählte autobiografische Geschichte ist traurig und tragisch. Aber der Autor drückt definitiv nicht auf die Tränendrüse. Eher nüchtern berichtet er über das Geschehen. Da hätte ich eher das Gegenteil gedacht. Das Buch hat daher meinen Erwartungen nicht entsprochen. Das tut mir leid und ich hoffe, es gibt andere Leser, denen die Lektüre näher geht als mir.

Mehr Bücher zum Thema Abschied:

Benjamin Brooks-Dutton: Du fehlst uns jeden Tag
Roger Rosenblatt: An jedem neuen Morgen
Gerd Eckel: Sie nennt es weggehen

 

Autorenporträt
Stefan Krauth, geboren 1975 in Bayern, studierte Jura in München und Berlin und promovierte zu einem rechtsphilosophischen Thema. Er lebt in Berlin.

Buchinfo
„Stummer Abschied. Erinnerungen an Cecilia und Emil“ von Stefan Krauth, erschienen bei rowohlt
Hardcover: 224 Seiten, € 18,95, ISBN 978-3-498-03450-4
eBook: 224 Seiten, € 16,99, ISBN 978-3-644-05121-8

Quellen
Bild/Autorenporträt: www.rowohlt.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

 

 

Wenn Ihr das Buch gelesen habt, schreibt mir doch wie es Euch gefallen hat. Ich freue mich auf Eure Meinungen

2 Gedanken zu “Stefan Krauth: Stummer Abschied

  1. Hier gefällt mir zu drücken ist ein zweischneidiges Schwert…

    Aber mir gefällt es, wie Du beschreibst, immer wieder! Und ich glaube auch, dass der Vater versucht, einen gewissen Abstand zu wahren oder nicht anders kann.. Trauer ist ja etwas sehr sehr persönliches und ich hab schon die -für mich- merkwürdigsten Formen erlebt. Im Gegensatz jetzt zu meiner eigenen Trauer.

    Danke trotzdem, dass Du das Buch vorstellst!

    Gefällt 1 Person

    • Hallo Bine,
      danke für das schöne Feedback.
      Du hast recht, Trauer ist etwas sehr persönliches. Allein in meiner Familie habe ich bei meiner Mama, meiner Schwester und mir selbst vor einigen Jahren feststellen können, das jeder seine eigene Art und Ausdruck hat. Es gibt da ja auch kein richtig oder falsch. Daher kann ich das sehr gut nachvollziehen.
      Ich werde auch weiter Bücher vorstellen, die nicht meinen Geschmack getroffen haben. Denn das heißt ja nicht, dass sie schlecht sind. 🙂
      Liebe Grüße und ein schönes WE.

      Gefällt 1 Person

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