Ich bin ernsthaft sauer auf Lyndsay Faye. Mit „Das Feuer der Freiheit“ hat sie tatsächlich den dritten und letzten Band um einen der ersten New Yorker Polizisten abgeliefert. Das macht mich furchtbar traurig. Dabei rückt beinahe in den Hintergrund, dass mich auch dieses Buch hervorragend unterhalten hat. Voller Spannung, interessanter historischer Hintergründe und Humor.
Schon das dritte Jahr ist Timothy Wilde jetzt ein Kupfersternträger, ein Mitglied der neu gegründeten Polizeitruppe von New York. Die Polizisten sind oftmals nicht beliebt und sie sind auch alles andere als integer oder über jeden Zweifel erhaben. Tim hat sich insofern einen Namen gemacht, als er mit scharfem Verstand und einer guten Beobachtungsgabe bereits mehrere knifflige Fälle gelöst hat.
Mit seinem älteren Bruder Valentine scheint ihn nicht viel zu verbinden. Denn der ist bestechlich, nimmt Drogen, schreckt vor keiner Intrige zurück, auch nicht vor Schlägereien und Drohungen. Und Val ist dennoch ein angesehener Mann und der Captain der Feuerwehr im Achten Bezirk.
Gemeinsam mit Kollegen will Tim einen Kuppler auf frischer Tat ertappen und verhaften. Dumm nur, dass ihm dabei sein Bruder Valentine in die Quere kommt. Dieser trifft sich ausgerechnet mit Stadtrat Symmes dort, wo die Verhaftung stattfinden soll. In einem Etablissement, das genauso zwielichtig ist wie der Stadtrat und sein Unterstützer Val. Tim gesellt sich dazu und erfährt so, dass Symmes Drohbriefe von einer ehemaligen Angestellten erhält. Sie kämpft für die Rechte der Frauen und will seine Gebäude niederbrennen. Eigentlich sollte Valentine sich darum kümmern, aber nun wird die Aufgabe auf Tim übertragen.
Nicht lange, da steht tatsächlich ein Gebäude von Symmes in Flammen. Zwei seiner Heimarbeiterinnen kommen bei dem Brand ums Leben.
Timothy macht sich also auf die Suche nach Sally Woods, der Drohbriefschreiberin. Die Ermittlungen gestalten sich zäh, denn niemand will so recht mit Tim reden. Dazu kommt seine Sorge um sein Mündel Bird Daly, die nach wie vor von ihrer ehemaligen Arbeitgeberin bedroht wird. Auch Mercy Underhill, seine große Liebe, kehrt überraschend aus London zurück und bringt sein (Gefühls)Leben durcheinander. Ganz zu schweigen von der undefinierten Beziehung zu seiner Vermieterin Mrs. Boehm und den Umtrieben seines Bruders.
Denn während der Ermittlungen kommt es zwischen Stadtrat Symmes und seinem bisherigen Unterstützer Val zum Eklat. Bei einer Feier auf der Feuerwache verkündet Valentine seine Kandidatur als Stadtrat für die Wahlen am nächsten Sonntag. Symmes droht Vals größtes Geheimnis auszuplaudern, wenn er sich nicht zurückzieht.
Unterdessen kommt es zu einem weiteren Brand und Sally Woods verschwindet von der Bildfläche.
Ein Must-Have!
Was soll ich sagen? Vielleicht ist der Vergleich zu plump, aber: Ich habe das Buch verschlungen, wie Feuer einen Haufen trockenes Holz. Schon die ersten beiden Bände um Timothy Wilde, seinen Bruder Valentine und die ersten Polizisten von New York haben mich restlos begeistert. Das ist mit Band 3 nicht anders. Die Story ist spannend, geheimnisvoll und hat viele historische Hintergründe (Sklaverei, Frauenrecht, Aufbau der Polizeitruppe). Dazu kommen die Familiengeschichte von Tim und Val, die Herzensangelegenheiten der beiden Männer und viele kleine Details. Alle Menschen, nicht nur die Hauptakteure, sind liebevoll gezeichnet (ich denke da zum Beispiel an Mr. Piest und Alle Neune) und die Szenerie ist unglaublich lebendig. Man kann so wunderbar tief in dieses Buch, in Timothys Leben eintauchen.
Ich liebe es, wenn Tim und Val wieder einen groben Schlagabtausch haben und man dennoch spürt, wie eng verbunden sie sind. Und ich mag es, wenn Tim und Mrs. Boehm zusammen agieren. Und die Frotzeleien unter den Kollegen bei den Kupfersternen. Die vielen rauen Schalen mit den weichen Kernen.
Wenn ich daran denke, dass ich mich davon nun verabschieden muss, kommen mir schon wieder die Tränen. Ich habe auch die letzten Seiten nur noch mit verschwommenem Blick lesen können, weil der Abschied so sehr schmerzt. Meine Hoffnung, ich hätte mich verlesen als von einer Trilogie die Rede war, wurde nicht erfüllt. Ich hätte mir überdies ein wenig mehr Glück für Tim gewünscht und ich würde ihn schrecklich gern mal in den Arm nehmen, weil er mir so vertraut ist. Aber das ist mein persönlicher Eindruck. Ich würde sagen, macht Euch selbst ein Bild: lest alle drei Bände und urteilt selbst. Ja, natürlich klingt das nach „Gebt viel Geld aus“, aber ich bin so restlos überzeugt von dieser Reihe, dass ich das ohne ein schlechtes Gewissen sagen kann. Und im April habt Ihr anlässlich des Tages des Buches ja sogar die Chance hier auf meinem Blog die komplette Trilogie zu gewinnen.
Zusatz-Geblubber und ein wenig Spoiler-Alarm
Nach nur drei Büchern so rumzuheulen ist irgendwie total albern. Ich habe nicht so viele Tränen vergossen als ich mich beispielsweise von Sookie Stackhouse oder Erik Winter verabschieden musste – und von denen hab ich viel mehr Bücher gelesen.
Als Fan der Wilde-Brüder und dem Kaleidoskop von New York im 19. Jahrhundert, sehne ich mich so sehr nach einer Fortsetzung der Reihe. Als Leser von bereits vielen anderen Reihen, komme ich jedoch nicht umhin, Lyndsay Faye zu dem Entschluss einer abgeschlossenen Reihe zu gratulieren. Das macht sie zu etwas besonderem. Sie bleibt kurz und knackig und verliert sich nicht in sich selbst. Das habe ich bei so mancher anderen Reihe (sowohl Büchern als auch im TV) leider schon oft erlebt.
Im Moment, jetzt da ich diese Rezension schreibe, stehe ich noch ganz unter dem Eindruck des Buches. Ich habe das Gefühl Tim wird mir schrecklich fehlen und ich werde mich immer fragen, ob er wohl jemals wirklich glücklich wird. Für diese Geschichte, für Tim hätte ich mir echt ein Happy End gewünscht und habe irgendwie nur ein halbes bekommen. Am liebsten würde ich Lyndsay Faye mailen und ihr sagen, sie soll ein schöneres Ende schreiben. Ich komme mir gerade vor wie ein kleines Kind, das weder wahr haben will, dass ihre imaginäre Freundin nicht echt ist noch versteht, warum diese nicht mehr mit ihr spielen will. Ein bisschen verloren, hilflos und sehr traurig.
Die gesamte Trilogie von Lyndsay Faye:
Der Teufel von New York
Die Entführung der Delia Wright
Das Feuer der Freiheit
Autorenporträt
Lyndsay Fay wuchs im Pazifischen Nordwesten auf und studierte Englisch und Performance in Belmont, Kalifornien. Lindsay Faye arbeitete einige Jahre als Schauspielerin bevor sie 2005 nach New York zog und mit dem Schreiben begann. Ihr Roman ›Der Teufel von New York‹, der erste einer Serie um Timothy Wilde, wurde für den Edgar Award 2013 (Kategorie Best Novel) nominiert und ein internationaler Erfolg. Lyndsay Faye lebt mit ihrem Mann nördlich von Harlem.
Buchinfo
„Das Feuer der Freiheit“ von Lyndsay Faye, Band 3 der Trilogie um den New Yorker Polizisten Timothy Wilde, erschienen Februar 2016 bei dtv premium
Taschenbuch: 528 Seiten, € 15,90, ISBN 978-3-423-26086-2
eBook: ePub, 496 Seiten, 12,99, ISBN 978-3-423-42825-5
Quellen
Bild+Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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