Ecu/Gal: Von Galapagos in den Regenwald

25. und 26. Oktober 2015

Es ist Sonntag und ich muss heute endgültig von Galapagos Abschied nehmen. Der Gedanke stattdessen in den Dschungel zu „müssen“ gefällt mir nicht. Wegen der Fahrerei und weil es hier auf den Inseln halt einfach so schön ist. Ich bin früh wach und mache einen letzten kurzen Spaziergang zum Fischmarkt, wo nichts los ist. Puerto Ayora pennt offenbar noch.

Bereits 9 Uhr holt mich jemand ab, um mich zum Flughafen zu bringen. Im Auto sitzt auch das Paar aus Italien. Per Auto, Schiff und Bus geht es für mich und auch viele andere Touristen zum Flieger, der erst gegen Mittag startet. Mein Ziel für heute ist Quito, die Hauptstadt von Ecuador. Von der sehe ich allerdings nicht viel, denn als ich schließlich lande ist es bereits 17 Uhr. Ein beim Hotel bestellter Shuttleservice holt mich ab und bis ich endlich im Hotel San Francisco de Quito ankomme ist es dunkel. Das heißt nach den Ratschlägen des Reiseveranstalters ich soll nicht alleine durch die Gegend laufen. Ich bin in der Hinsicht auch nicht sonderlich abenteuerlustig. Lediglich dem unmittelbar angrenzenden  Supermarkt statte ich einen Besuch ab auf der Suche nach etwas essbarem fürs Abendbrot. Für ein Restaurant möchte ich heute kein Geld ausgeben. Ganz zu schweigen davon, dass ich auch kein Restaurant oder ähnliches in der Nähe erkennen kann.

Den Taxi-Fahrer bestelle ich auch gleich für den nächsten Tag am frühen Morgen, damit er mich zur Busstation bringt. Das klappt alles auch prima. Und mangels Vergleich und Erfahrung finde ich die Taxipreise auch recht günstig.

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Freie Sicht auf den Cotopaxi

Klare Sicht auf einen echten aktiven Vulkan

Am Busterminal erfahre ich, dass mein Bus mehr als eine Stunde später fährt. Ich vertreibe mir die Zeit mit Leute beobachten. Es herrscht ein ziemliches Treiben hier. Und außerdem habe ich einen absolut fantastischen Blick auf den Cotopaxi. Es ist absolut klare Sicht, der Himmel ist  blassblau und aus dem Vulkan, der seit einigen Monaten aktiv ist, steigt stetig weißer Rauch. Dass ich damit richtig Glück habe, stelle ich erst später fest, als viele andere mir erzählen, es sei ständig bewölkt und der Cotopaxi verstecke sich.

Mit Hilfe eines freundlichen Sicherheitsbeamten finde ich denn auch den richtigen Bus nach Tena. Es fahren nur wenige Menschen mit und ich habe freie Platzwahl. Meine vorurteilsbehafteten Befürchtungen erfüllen sich übrigens nicht: Es ist kein altersschwacher Bus ohne Glasscheiben in den Fenstern in dem ich mich mit unzähligen Einheimischen sowie lebendigem Federvieh und Ziegen wiederfinde. Vielmehr ist es ein Reisebus im besten Alter ohne jegliche tierische Passagiere. Dafür gibt es neben dem Fahrer sowas wie einen Busbegleiter, der die zugestiegenen Fahrgäste abkassiert und wohl generell nach dem Rechten schaut.

Die Kraft der Natur

Die nächsten knapp 5h schaukeln wir mal schneller mal langsamer über die Anden. Die in meinem Kopf schneebedeckten und eisigen Gipfel sind aber eher braun und grün. Mitunter ziehen sich schmale, aber tiefe helle Schneisen durch die Wälder. Dort wo vermutlich ein Erdrutsch durch zu viel Wasser verursacht wurde. Bei dem Anblick ist die zerstörerische Kraft des Wassers überhaupt der Natur geradezu spürbar. Das flößt mir unheimlich Respekt ein.

Wir fahren durch kleine Dörfer und sogar durch zwei – drei größere Orte. Immer wieder steigen Menschen zu oder aus. Oder wir halten mal eben an, weil einer der Männer pinkeln muss. Ich frage mich, was passiert, wenn ich aufs Klo muss. Ich beschließe, nicht zu müssen. Und ich halte mich auch daran. *g*

Alles hier wirkt ein wenig trist und grau. Aber das mag am Wetter liegen. Es nieselt, ist feucht und trübe, der Himmel wolkenverhangen. Im Gegensatz zu den etwa 25° auf den Galapagosinseln ist es hier geradezu arschkalt. Aber ich habe ja vorsorglich einen Pulli mitgenommen.

Die erste Etappe ist geschafft

Gegen 13 Uhr kommen wir in Tena an. Eilig raffe ich meine Sachen zusammen und verlasse mit allen anderen den Bus. Wieder im Freien trifft mich … naja nicht ganz der Schlag, aber es ist übel stickig und warm. Ich fange sofort an zu schwitzen. Nach wenigen Schritten fühle ich mich klatschnass und eklig. Während meiner Suche nach dem nächsten Bus in den ich steigen muss, fällt mir auf, dass etwas fehlt. Ich habe meinen Hut im Bus vergessen. Scheisse. Also wieder zurück. Die Zeit erlaubt das gottseidank. Und obwohl mein Gepäck im Verhältnis zu vielen anderen ja so schmal ist, fühlen sich die (dank Souvenirs jetzt) 12kg unglaublich schwer an. Der Busbegleiter sitzt im Bus und trägt meinen Hut. Er grinst mich fröhlich an als ich antrabe. Nach einem flehentlichen Blick meinerseits gibt er mir meinen treuen und bereits gezeichneten Kopfschutz aber zurück.

Nach ein wenig herumirren finde ich schließlich die Busstation von der aus mein Anschlussbus zum Puerto Barantilla geht. Während der Wartezeit rufe ich in der Liana Lodge an, um mitzuteilen, wann ich etwa dort sein werde, damit mich jemand abholt. Mit freudiger Überraschung nehme ich zur Kenntnis, dass man dort deutsch spricht. Das ist klasse.

Unwissenheit und Missverständnis

Der nächste Reiseabschnitt wird nicht so angenehm. Auf meinem Busticket steht unter anderem eine Sitzplatznummer, die ich aber überhaupt nicht registriere. Schließlich geht es doch in Südamerika so locker und ungezwungen zu. Wer sollte sich da um sowas scheren? Außerdem nehme ich meine Reisetasche mit in den Bus. Weil der andere Bus ja auch so leer war und ich mein Gepäck ja sowieso nicht aus den Augen lassen soll. (Komischerweise hatte ich bei der Fahrt über die Anden, weniger Angst um meine Tasche im Stauraum, als bei einer Fahrt mit dem Fernbus in Deutschland.)

Jedenfalls hocke ich mich vorne auf einen Fensterplatz und die Tasche liegt im Fußraum. Anderthalb Stunden Fahrt stehen bevor. Es ist warm, also ziehe ich schon mal meinen Pulli aus unter dem ich immerhin noch ein Top trage. Das mag nicht sonderlich ästhetisch sein, ist mir in dem Moment aber sowas von wurscht.

Mandarinen, Melonen, Kokosmilch

Der Bus wird immer voller. Ein weiteres europäisch anmutendes Paar steigt ein – die wollen auch zum Puerto Barantilla. Gut. Es sind Schweizer. Ich habe das mit den festen Sitzplätzen immer noch nicht realisiert und beobachte das Treiben. Neben all den Reisenden steigt auch eine Frau mit Mandarinen zu. Lautstark preist sie diese an und drängelt sich durch den ganzen Bus. Keine Minute später kommt eine Frau mit Melonenstücken, um diese ebenso lautstark im ganzen Gefährt feilzubieten. Nach ihr steigt eine Frau ein, die Plastikbeutel mit Kokosmilch und Strohhalm in der Hand hält und diese ebenfalls loswerden will. Wohlgemerkt: Die anderen beiden Frauen sind immer noch im Bus und leiern ihre Verkaufsargumente in hohem Tempo runter. Und es steigen immer noch Leute zu, die sich inzwischen auch auf den Gang stellen.

Die Mandarinenfrau geht. Dann auch die Melonenfrau. Die Melonen sind alle. Es kommt ein Mann mit kleinen Nüssen. Was für ein Klischee! Die Kokosmilchfrau steigt aus. Die Mandarinenfrau kommt wieder. Auch die Melonenfrau hat nachgeladen und will noch mehr verkaufen. Der Nussmann geht. Die Mandarinenfrau geht. Die Kokosmilchfrau steigt wieder ein. Die Melonen sind alle und die erfolgreiche Verkäuferin geht um Nachschub zu holen. Die Kokosmilch geht auch. Keiner will das Zeug. Die Mandarinen kommen wieder. … usw.

Es ist ein heilloses Durcheinander und eine Lautstärke die mir fast zu viel wird. Der Bus ist inzwischen meiner Meinung nach voll. Im Gang neben mir steht eine junge Frau mit kleinem Kind. Ich biete ihr den Fensterplatz an und setze mich auf den Platz, den meine Tasche bisher unhöflicherweise blockiert hat. Doch den muss ich bald räumen, denn ein älterer Herr fordert seinen per Busticket zugesicherten Platz ein. Also muss ich stehen. Scheisse. Das auch noch ziemlich verquer, denn meine Tasche nimmt am Boden zu viel Platz weg. Außerdem ist da auch noch ein überdimensionales Sitzkissen, auf dem ein kleines Mädchen hockt und irgendein Küchengerät einer Passagierin. Ich füge mich in mein Schicksal als es endlich losgeht. Irgendwie bin ich ja selber schuld.

Der Kreislauf will nicht so wie ich – Peinlich!

Weil ich mit den Füßen keinen richtig festen Stand habe, halte ich mich mühsam an der oberen Gepäckablage fest. (In die passt meine Tasche übrigens nicht rein.) Ständig das Bremsen und ruckartige Wieder-Anfahren dazu die Kurven und Steigungen und die tropischen Temperaturen knocken mich nach 15 oder 20 Minuten aus. Mir wird schwummrig und ich vermute, wenn ich mich nicht gleich irgendwohin setze, dann kippe ich um. In all der Enge bugsiere ich irgendwie das Original-verpackte Küchengerät auf meine Tasche und hocke mich auf das niedrige Sitzkissen. Dass ich dabei dem Schulmädchen so auf die Pelle rücke ist mir zwar peinlich, aber immer noch besser als auf sie drauf zu fallen. Ich finde es ganz furchtbar so aufzufallen. Erst wegen meiner Tasche, die ich unbedingt mit in den Bus nehmen wollte und jetzt auch noch das. Und ich kann den Anderen nicht einmal erklären, dass es mir nicht gut geht und dass das überhaupt ein Missverständnis ist und ich nur blöde und nicht absichtlich rücksichtslos. Aber vielleicht sieht man das ja auch. Etwas zu trinken wäre nicht schlecht. Leider liegt der Rucksack unerreichbar über mir in der Gepäckablage. Ein freundlicher Mitreisender gibt ihn mir schließlich und nach einigen Schlucken Wasser geht es mir besser.

DSC04164Endlich da

Den Rest der Fahrt verbringe ich sitzend. Die Frau mit dem Kind erklärt ihrem älteren Sitznachbar wohl irgendwann, dass ich ihr meinen Platz abgetreten habe. Ich habe den Eindruck er sieht mich nun nicht mehr ganz so verächtlich an. Nach und nach wird der Bus etwas leerer. Von der Welt die draußen vorbei zieht sehe ich nicht viel. Eigentlich nur, dass es grün ist.

Und irgendwann sind wir dann tatsächlich am Puerto Barantilla. Der Busbegleiter sagt sogar Bescheid. Wo wir aussteigen ist eine staubige unbefestigte Straße. Rechts Dschungel und links ein kleiner Weg und ein Haus. Auch das Paar aus der Schweiz ist mit ausgestiegen. Es fängt an zu nieseln. …

Wie es weiter geht, erfahrt ihr im nächsten Urlaubs-Blogpost. Der hier ist ja schon schrecklich lang geworden. 😉 Danke für Eure Geduld.

Ein Gedanke zu “Ecu/Gal: Von Galapagos in den Regenwald

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