Oscar Wilde: Das Geheimnis des Dorian Gray

Dorian Gray ist nicht viel Älter als 20 Jahre, als der Maler Basil Hallward ihn in einem Porträt verewigt. Die Anmut und die jugendliche Unschuld des jungen Mannes verleihen Basil ungeahntes Können und das Bild wird sein Meisterwerk. Der Maler selbst spürt, dass dieses Porträt etwas ganz besonderes ist.

_Das Bildnis des Dorian GrayGerade bei Vollendung des Meisterwerks ist neben Dorian selbst und dem Maler auch dessen Freund Lord Henry zu Gast. Der ebenso zynische und respektlose wie gelangweilte Lord, impft mit wenigen Worten dem jungen und unverdorbenen Schönling einen unbändigen Hunger auf Leben ein. Und er macht ihm klar, dass seine jugendliche Schönheit nicht lange halten wird.
Seines Porträts schließlich ansichtig, wünscht sich daher Dorian das Bildnis möge an seiner Stelle altern und er hingegen genau das Aussehen bewahren, dass er jetzt hat.
Dorian und Lord Henry verbringen fortan viel Zeit miteinander, während er sich von seinem einstigen Freund Basil zurück zieht. In Lord Henry sieht Dorian einen erfahrenen Mann von dem er viel lernen kann, der zwar unorthodox doch in der Gesellschaft geschätzt ist. Lord Henry hingegen sieht in seinem jungen Freund eher ein Forschungsobjekt, das ihn fasziniert.
Nicht lange nach ihrem Kennenlernen verkündet Dorian seine Liebe zu einer äußerst talentierten Schauspielerin. Nach nur wenigen Tagen und noch weniger Worten, gibt er seine Verlobung mit Sibyl Vane bekannt. Als er sie und ihre Schauspielkünste jedoch seinen Freunden vorstellen will, gibt das Mädchen seine schlechteste Vorstellung. Sie spielt hölzern und ohne Anmut. Dorians Gefühle erkalten sofort und er verlässt das Mädchen mit harschen Worten. Am nächsten Tag ist sie tot, ein Freitod.
Noch in der Nacht bemerkt Dorian an seinem Bildnis eine ungewöhnliche Veränderung. Das Gesicht ist nach wie vor wunderschön und jugendlich – doch es zeigt sich ein harter und gemeiner Zug um den rosigen Mund. Könnte sein Gebet erhört worden sein?

Nicht für jeden interessant

Die Geschichte um den schönen Dorian Gray, der sich von einem unschuldigen jungen Mann zu einem lasterhaften und verdorbenen Menschen entwickelt ohne dabei sein Aussehen zu verändern ist faszinierend.
Die Umsetzung allerdings macht zwar der klassischen Literatur alle Ehre, dürfte jedoch nicht für jeden Leser interessant sein. Es gibt kaum genaue Aussagen dazu, wie genau Dorian sich lasterhaft verhält. Insbesondere die Jahre der Ausschweifungen werden übersprungen bzw. nur in einigen Kapiteln andeutungsweise erzählt. Interaktionen mit anderen Menschen werden so gut wie nicht dargestellt. Lediglich seine Begegnungen mit Lord Henry oder Basil Hallward finden genaue Beschreibung. Es bleibt also viel der Fantasie überlassen. Wobei die Laster zu Wildes Zeiten in England mit den heutigen nur in geringem Zusammenhang stehen dürften. Es gibt viel innere Zwiesprache und langatmige philosophische Exkurse zu lesen.
Es sei überdies verraten, dass das Ende ohne großen Showdown und recht abrupt erfolgt. Wer den Film gesehen hat, sollte seine diesbezüglichen Erwartungen ganz weit nach unten schrauben.
Nichtsdestotrotz verdient die Neuübersetzung Lob. Die Poesie des Stückes ist erhalten geblieben und wenig verfälscht durch neumodische Ausdrücke oder Floskeln. Es ist leicht zu lesen und verständlich, trotz der bereits erwähnten philosophischen Anwandlungen.
Eines der wenigen Bücher der klassischen Literatur die ich gelesen habe und das ich guten Gewissens empfehlen kann.

 

Autorenporträt
Oscar Fingal O`Flahertie Wills Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin als Sohn eines Arztes und einer Dichterin geboren und starb am 30. November 1900 in Paris. Er studierte mit glänzendem Erfolg in Dublin und Oxford. Einige Jahre arbeitete er als Rezensent für verschiedene Wochenblätter und wurde Herausgeber einer Frauenzeitschrift. Seinen Ruhm begründete Wilde mit der erfolgreichen Märchensammlung ›Der glückliche Prinz und andere Erzählungen‹ (1888) und dem ›Bildnis des Dorian Gray‹ (1890). Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde er 1895 wegen homosexueller Praktiken zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt und aus der Gesellschaft ausgestoßen.

Buchinfo
„Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde, Neu übersetzt von Lutz-W. Wolff, erschienen April 2013 bei dtv, 352 Seiten, € 8,90, ISBN 978-3-423-14207-6

Quellen
Bild & Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

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