Desreen Brooks ist gerade einmal 33 Jahre alt als sie stirbt. Sie hinterlässt ihren gleichaltrigen Mann Benjamin und den 2jährigen Sohn Jackson. Während das Kind die Situation noch gar nicht richtig erfassen kann, ist Benjamin umso mehr bewusst was er verloren hat. Auf seiner verzweifelten Suche nach einem Weg mit seiner Trauer umzugehen, findet er kaum Hinweise auf andere junge Witwer mit Kind. Er beschließt selbst einen Blog zu starten. Einerseits um seine Gefühle mit der Welt zu teilen, aber auch – und das viel wichtiger – um anderen Menschen in der gleichen Situation zu zeigen, ihr seid nicht allein. Und sein Blog schlägt ein wie eine Bombe.
Ein toller Tag, ein schöner Abend gemeinsam mit Freunden. Benjamin, Desreen und ihr kleiner Sohn Jackson machen sich glücklich auf den Heimweg in den Straßen von London. Sie kommen nicht weit. Jäh wird die Welt erschüttert und die kleine Familie auseinander gerissen: Ein Auto überfährt Desreen nicht weit von der Haustür der Freunde entfernt. Wie durch ein Wunder kann Benjamin sich und Jackson retten. Aber er muss mit ansehen, wie seine Frau stirbt. Desreen ist gerade 33 Jahre alt.
Der Schock sitzt tief. Benjamin kann nicht fassen, dass ihm nach gut einem Jahr Ehe seine geliebte Frau genommen wurde. Noch viel weniger kann er fassen, dass Jackson seine Mami nur 2,5 Jahre kennen durfte. Obwohl der Junge die Situation noch nicht recht erfassen kann, wird ihn diese Erfahrung prägen.
Während Witwer und Halbwaise von Großeltern und Freunden immens unterstützt werden, ist Benjamin auf der Suche nach anderen jungen Witwern mit Kind. Obwohl alle mit ihm fühlen und um Desreen trauern, kann doch niemand seine Gefühle als Mann und seine Sorge als Vater nachvollziehen. Viele Organisationen bieten Hilfestellung, aber er spricht kaum mit jemandem der das gleiche durchmacht.
Benjamin beschließt einen Blog zu starten. Ohnehin schreibt er all seine Gefühle auf, damit Jackson später nachlesen kann wie das war. Warum also nicht an die Öffentlichkeit gehen und damit vielleicht anderen helfen? Seine Zielgruppe sind Männer wie er: verwitwet mit Kleinkind, die nicht nur mit ihrer Trauer, sondern auch mit dem Alltag, der Erziehung des Kindes und dessen Trauer umgehen müssen. Sein Blog schlägt ein wie eine Bombe, als hätten alle darauf gewartet. Die Resonanz ist enorm. Neben Menschen die gleiches durchmachen wie er, melden sich auch die Medien und berichten über Benjamin.
Sein Hauptaugenmerk gilt jedoch Jackson. Wie dem Jungen erklären, dass seine Mami nicht mehr wieder kommt? Wie mit den Wutanfällen umgehen? Wie mit dem Alltag ohne Desreen? Wie mit all den Feiertagen wie Weihnachten, Geburtstag, Hochzeitstag?
Benjamin berichtet über sein erstes Jahr ohne seine Frau. Über seine Trauer, seine Verzweiflung, seine Mühe und Sorge. Aber auch über die Unterstützung die er erfährt, die positiven Reaktionen auf seinen Blog. Über die gängigen Klischees zur Trauerarbeit, die ihm immer wieder begegnen. Benjamin erzählt seine Geschichte – nicht mehr und nicht weniger.
Bewegender Bericht eines jungen Witwers
Ein sehr mutiger Schritt von Benjamin Brooks-Dutton mit seinem Leben an die Öffentlichkeit zu gehen. Er möchte sich austauschen mit Menschen, die in der gleichen Situation sind wie er oder es waren.
Es ist dementsprechend ein sehr bewegendes Buch. Es ist toll geschrieben. Und es geht tatsächlich ausschließlich um die Trauer und Sorge um Jackson. Natürlich wird der Unfall beschrieben, doch im weiteren Verlauf gibt es kein böses Wort gegen den Autofahrer. Es gibt auch kaum eine Information zu den Ermittlungen.
Für Witwer/n mit Kind/ern ist das sicherlich eine ganz wichtige und interessante Lektüre. Und ich glaube auch für alle Angehörigen und Freunde ist es lesenswert. Ihnen kann es helfen den nächsten Hinterbliebenen besser zu verstehen. Auch für Personen, die mit Kindern zu tun haben, bei denen ein Elternteil verstorben ist, kann das ein Kompass sein.
Da es ein sehr persönliches Thema und Buch ist, maße ich mir hier mal keine kleinliche Kritik an. Denn Trauer und die Möglichkeiten damit umzugehen sind individuell. Und unabhängig davon, empfehle ich das Buch ohnehin sehr gern weiter.
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Oliver Uschmann / Sylvia Witt: Biss zum Schluss. Wie man mit dem Tod umgeht, ohne verrückt zu werden
Autorenporträt
Benjamin Brooks-Dutton, geboren 1979, arbeitet als Kommunikationsberater und lebt mit seinem Sohn Jackson in London.
Buchinfo
„Du fehlst uns jeden Tag“ von Benjamin Brooks-Dutton, erschienen Juni 2015 bei rororo
Taschenbuch: 432 Seiten, € 9,99, ISBN 978-3-499-62932-7
eBook: Format: ePub, 432 Seiten, € 9,99, ISBN 978-3-644-54091-0
Quellen
Bild: www.rowohlt.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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