Kaum jemand setzt sich ernsthaft mit dem Thema Sterben und Tod auseinander. Dabei verliert jeder im Leben Freunde und Angehörige und sieht sich mit einer unfassbaren Situation konfrontiert. Erst recht, wenn es darum geht einen geliebten Menschen auf seinem letzten Weg, beim Sterben zu begleiten. Oliver Uschmann hat sich mit dem Thema intensiv beschäftigt … beschäftigen müssen. Herausgekommen ist ein Ratgeber mit persönlicher Note.
Nach vielen Monaten der Funkstille erfährt Oliver Uschmann vom nahen Tod seiner Mutter. Trotz – oder gerade wegen – der familiären Zerwürfnisse macht er sich auf den Weg zu ihr. Er wird seine todkranke Mutter in ein Hospiz begleiten und dort rund um die Uhr an ihrer Seite sein. Das sind nervenaufreibende und anstrengende Monate an deren Ende kein Happy End steht.
Mit praktischen Hinweisen zum Verhalten insbesondere gegenüber Ärzten und Erläuterungen zum psychischen Hintergrund, zeigt er wie eine Kommunikation möglich ist. Wie man zum „Anwalt des Patienten“ wird. Und am Beispiel der eigenen Person, zeigt er, welche Auswirkungen die Ausnahmesituation haben kann.
Eigentlich ist sein Auszug aus dem Hospiz für Oliver auch kein Ende, sondern vielmehr ein neuer Anfang. Denn nach dem Tod der Mutter kommt das Organisieren. Trauerfeier und Bestattung müssen geplant werden, das Testament eröffnet werden, der Nachlass verwaltet werden. Wie findet man sich zurecht in einer Wohnung, die voller Erinnerungen, voll eines ganzen Lebens ist? Wie wird man der scheinbar übermächtigen Arbeit Herr? Hier hat Oliver Uschmann – dank leidvoller Erfahrung am eigenen Leib – viele gute Tipps parat.
Auch die Trauerarbeit wird natürlich angesprochen. Wie geht man mit dem Verlust um? Auf dem religiösen Weg oder ganz pragmatisch? Wie lange darf/soll man trauern? Ab wann wird die Trauer krankhaft und zur Depression? Oliver Uschmann bietet hier seine Erfahrungen und Überlegungen an, die allerdings keine Allgemeingültigkeit besitzen.
Ratgeber trifft auf persönliche Erlebnisse
Ich habe mich eine ganze Weile vor dem Buch gedrückt. Weil ich schon ahnte, dass die Lektüre nicht spurlos an mir vorbei geht. Und ich habe auch recht behalten. Gelohnt hat es sich trotzdem – oder gerade deswegen.
Das Buch ist eine überaus interessante Mischung, die ich so tatsächlich noch nicht in der Hand hatte. Einerseits ein Ratgeber mit vielen wertvollen Tipps und andererseits eine sehr persönliche Geschichte über die schwerste Zeit im Leben: die Sterbebegleitung und den Umgang mit dem Tod. Im Großen und Ganzen eine sehr wertvolle Lektüre.
Im Großen und Ganzen deshalb, weil ich persönlich beispielsweise bei der seitenlangen physikalischen Abhandlung zum Lebensende und der Seele, echt Mühe hatte, mich durchzukämpfen. Eine Abhandlung darüber, dass eben nichts einfach so endet bzw. ein Mensch nicht einfach so weg ist. Und die leider immer wieder kehrenden ellenlangen Schachtelsätze sind zusätzlich anstrengend.
Auch in anderer Hinsicht war das Buch für mich keine einfache Lektüre. Oft habe ich mich beim Lesen an eigene Erlebnisse erinnert und war emotional sehr mitgenommen. So gesehen, konnte ich vieles nachvollziehen und den Ratschlägen auch zustimmen.
Besonders hilfreich sind meiner Meinung nach die Tipps zur Haushaltsauflösung. Befindet man sich tatsächlich im Zustand der Trauer, finde ich diese Anleitung äußerst praktikabel.
Trotz der vorgenannten Mankos gibt es eine klare Empfehlung von mir für „Bis zum Schluss“. Mag die Lektüre keine leichte sein, so finde ich das Thema mit der man sich dabei auseinander setzt überaus wichtig.
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Autorenporträt
Oliver Uschmann
M.A., lebt mit Frau, Katzen und Fischen freiwillig auf dem Land. Gemeinsam entwerfen sie dort die Romane der „Hartmut und ich“-Reihe, deren tiefe Kenntnis des männlichen Wesens nun auch in „Fehlermeldung“ ihren Ausdruck finden. Seine Kindheit verbrachte Uschmann größtenteils in der Badewanne, seine Adoleszenz u.a. als Packer, Aktivist, Veranstalter, Rockjournalist und Punkrocksänger. Er studierte Literaturwissenschaft, Linguistik und Anglistik in Bochum, wallraffte in Berlin als Werbetexter und ist „Theorieadministrator“ in der Online-Galerie „Haus der Künste“, die er mit seiner Frau Sylvia Witt betreibt. Ferner gibt er als „Wortguru“ Schreibseminare und fördert Nachwuchsautoren.
Sylvia Witt …
… wurde gemeinsam mit ihrem Ehemann Oliver Uschmann einem breiten Publikum aufgrund ihrer Hartmut-und-ich-Bücher bekannt. Neben dem Schreiben ist sie als Grafikdesignerin, bildende Künstlerin und Programmiererin tätig und lebt mit ihrem Mann, zwei Katzen und 120 Teichfischen im Münsterland.
Buchinfo
„Bis zum Schluss. Wie man mit dem Tod umgeht, ohne verrückt zu werden“ von Oliver Uschmann und Sylvia Witt, erscheinen März 2015 bei Pantheon
Paperback: Klappenbroschur, 480 Seiten, € 16,99, ISBN: 978-3-570-55261-2
eBook: Format: epub, € 13,99, ISBN: 978-3-641-13675-8
Quellen
Bild: www.randomhouse.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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