Borneo: Ab ins Baumhaus

Donnerstag, 27. April 2017

Die Kurzfassung:
Ich verirre mich in Kuching auf der Suche nach dem Orchideengarten. Dank dem tollen Wetter bestehend aus Sonne und Hitze befürchte ich einen veritablen Hitzschlag. Bleibt aber aus. Komme noch rechtzeitig zurück ins Hotel, um die Abfahrt ins Permai Rainforest Resort nicht zu verpassen. Ich lerne Horst, die Grubenotter, kennen und werfe fortan ängstliche Blicke in Bäume und Sträucher. Bei meiner ersten eigenen Wanderung durch den Regenwald entdecke ich Nasenaffen. Ich hab Pipi in den Augen vor Freude und bin total aufgeregt.
Abends der erste Bootsausflug bei dem wir abgesehen von Nasenaffen nicht so viel entdecken außer Natur halt. Mangroven und Sonnenuntergang und dazu Obst im Boot. Wir finden einen Glühwürmchenbaum, der im Dunklen funkelt wie ein Weihnachtsbaum. So schön.

 

Und jetzt ausführlich:

Der Vormittag steht uns zur freien Verfügung. Ich will ihn nutzen und mich mal auf der anderen Seite des Sarawak  umsehen. Dort gibt es neben dem Parlamentsgebäude und anderen Verwaltungsbauten auch einen Orchideengarten. Eigentlich wollte ich die Blumen in freier Wildbahn sehen, aber irgendwie muss ich den Vormittag ja rumkriegen. Im Hotel hocken habe ich keine Lust.
Das Problem ist: ich verlaufe mich. Ich finde ums Verrecken diesen blöden Garten nicht, sondern laufe – wie ich schließlich feststelle – einmal großräumig drumrum. Derweil brennt die Sonne wie blöde. Ich bin ein bisschen verzweifelt und ich hasse mich dafür, dass ich mich für die Sandalen und nicht für die Turnschuhe entschieden habe.
Was aber schön ist: ich entdecke am Ufer des Sarawak einen kleinen Waran und im Verlauf meines laaaaaangen Spaziergangs werde ich von ganz vielen Menschen freundlich gegrüsst und angestrahlt. Einer bietet mir sogar an, mich im Auto bis zum fluss mitzunehmen. Obwohl ich ablehne, gefällt mir das hier. Ich werde ständig angelächelt und fühle mich willkommen.
Am späten Vormittag komme ich wieder im Hotel an. Die Zeit reicht noch für eine Dusche und einen Klamottenwechsel. Dann heißt es auschecken. Fürs Mittagessen muss ein Durianbrot aus dem Hotelcafe herhalten. (Kann man mal essen, aber mir ist es in dem Moment zu süss.) Reiseleiter Marco holt uns ab, denn es geht jetzt ins Permai Rainforest Resort am Damai Beach.

Ankunft im Permai Rainforest Resort

Nach dem Einchecken werden wir auf die Baumhäuser verteilt. Ich kriege Häuschen 2 und freue mich. Denn bei der Reisebuchung habe ich angegeben, ich möchte gern in eins der Häuser 1 bis 4, weil man von dort laut Hotelbewertung im Internet auch einen schönen Meerblick hat. Was soll ich sagen? Es ist perfekt. Als einzige habe ich von meinem Bett und dem davor befindlichen Balkon freien Blick auf das Südchinesische Meer. Während ansonsten ringsum Bäume stehen.
Die Wege sind mit Beton befestigt und wir werden darauf eingeschworen, diese nicht zu verlassen. Von wegen Skorpionen und giftigen Schlangen und so. Jaja, denke ich. Aber gleich schon zeigt uns Marco, dass das nicht nur leeres Gerede ist. In einem winzigen Baum liegt auf Hüfthöhe eine noch junge Grubenotter. Zwischen dem saftigen hellen Grün der Blätter ist sie mit ihrer ebenfalls grünen Farbe hervorragend getarnt. Ich nenne sie Horst. Mir ist danach.
Horst lässt sich stoisch von uns fotografieren und bestaunen. Horst wird auch die folgenden Tage seinen Platz nicht verlassen und auf Beute warten. Ein sehr zuverlässiges Tier. Sehr sympathisch. Wenn es nicht so giftig wäre.
Bis zum Ausflug um 16 Uhr haben wir etwas freie Zeit.

Allein im Regenwald unterwegs

An der Rezeption haben wir einen Lageplan des Resort bekommen und dort ist auch ein kleiner Rundwanderweg eingetragen. Innerhalb von 90 Minuten soll der zu schaffen sein. Marco warnt aber Angelika, Ralf und mich vor, dass man sich am Wasserfall an irgendeinem Seil würde hochhangeln bzw. wenn man von der anderen Seite kommt dran runterlassen müsse. Außerdem sei es von jener Seite auch sehr steil.
Das gibt mir zu denken. Bin ich fit genug, das zu machen? Ein Versuch kann nicht schaden. Ich muss ja nicht den ganzen Weg laufen, sondern kann auch nur ein Stück laufen. Gute Idee. Also umziehen und mit Sonnenschutz und Insektenspray imprägnieren. Den Rucksack beladen mit Wasser (unentbehrlich), Keksen (man weiß ja nie), Digicam (muss sein), Ersatzakku (weil die Digicam ständig abkackt), Fernglas (für Entdeckungen hoch oben) und Regenponcho (von wegen Regenwald, ne). Das ist so die übliche Mindestausstattung für fast alle meine Spaziergänge. Ich packe übrigens noch meine Badeanzug und ein Handtuch ein, falls ich mich kurzfristig umentscheide und lieber in den Dschungelpool hüpfe.
Es ist total idyllisch durchs Resort bis zum Beginn des Wanderwegs zu laufen. Ich komme am Dschungelpool vorbei, der tatsächlich verlockend aussieht.
Irgenwann danach geht rechts der Weg in den Regenwald ab. Ich stapfe munter drauf los. Zugegeben bin ich nicht so sorglos und blicke mich immer wieder argwöhnisch nach Artgenossen von Horst um. Es geht über Wurzeln, Steine und durch ein trockenes Flussbett. Manchmal muss ich ein bisschen klettern und sehe oft wohl auch nicht sehr elegant oder auch nur sportlich aus. Aber ich bin ja allein und es ist wurscht. Auch, dass der Schweiß in Strömen läuft.

Glücksgefühle pur. Ich entdecke Nasenaffen!!! Juhuuuu

Immer wieder bleibe ich stehen und blicke hinauf in die Bäume oder sehe mich einfach nur um. Mitunter raschelt es neben mir und ich entdecke tatsächlich eine hübsche Echse, die sich von mir fotografieren lässt. Auch kleine Orchideen kann ich finden.
Eigentlich wollte ich wenigstens bis zum Wasserfall, der etwa auf der Hälfte des Weges liegt, laufen. Aber ich kehre doch früher wieder um, da es etwas dunkel wird und ich Regen befürchte. Außerdem bin ich nach meinem morgendlichen unfreiwillig langen Spaziergang doch etwas kaputt.
Fast wieder zurück auf dem Resort-Gelände raschelt es heftig in den Bäumen über mir. Ich halte an und gucke angestrengt nach oben, wo es immer weiter raschelt und die Wipfel in Bewegung sind. Endlich kann ich sie sehen: Eine Gruppe Nasenaffen. Huiiiii! Vor Aufregung jagt mir eine Gänsehaut über den Körper. Außer mir ist niemand hier, ich habe sie ganz allein entdeckt und kann sie auch ganz in Ruhe beobachten. Ich freue mich wie blöde und muss mir auch ein paar Tränchen aus dem Augenwinkel wischen. Ist das schön! Ein fettes Grinsen fräst sich in mein Gesicht. Ich kann gar nicht mehr aufhören.
Schließlich mache ich mich auf den Weg zurück zu meinem Baumhaus und dem nachmittäglichen Termin. Unterwegs treffe ich am Dschungelpool auf Angelika und Ralf, die tatsächlich die ganze Runde gelaufen sind und sich jetzt erfrischen. Kurzentschlossen gönne auch ich mir eine kleine Abkühlung.

Bootsausflug zu Nasenaffen, Krokodilen und Glühwürmchen

Punkt 16 Uhr treffen wir uns mit Marco zum Abendausflug. Nasenaffen, Krokodile und Glühwürmchen stehen heute noch auf dem Programm. Wir haben einen sogenannten „nassen Einstieg“. Will heissen, es gibt keinen Bootssteg, sondern wir steigen vom Strand aus ins Boot und kriegen nasse Füsse. Wen sollte das bei diesen Temperaturen stören???
Wir düsen über das Südchinesische Meer ein Stück die Küste entlang bis zu einer Flussmündung. Ich mag das. Salzgeschwängerte Luft umweht meine Nase und ich habe den besten Blick auf alles vor uns, weil ich ganz vorne sitze. Nach etwa 15 Minuten Fahrt weist uns Marco auf die Tierwelt hin. In den Mangroven direkt am Wasser sitzen Nasenaffen. In den teils kahlen Bäumen sind sie ziemlich gut auszumachen. Sie lassen sich von uns nicht stören. Vielmehr zupfen sie die jungen Blätter vom Baum und stopfen sie sich in den Mund.
Nasenaffen suchen zur Dämmerung hin immer Bäume auf, die direkt am Wasser stehen. Denn vom Wasser her, droht ihnen so hoch oben im Baum keine Gefahr. Die Gefahr kommt vom Wald her und somit dann nur von einer Seite. So sind die Tiere recht zuverlässig am späten Nachmittag an der Küste zu finden. Tagsüber treiben sie sich aber im Regenwald herum. Sie sind in Gruppen unterwegs die aus einem Männchen, mehreren Weibchen und den Jungtieren bestehen. Hin und wieder gibt es auch Junggesellengruppen, deren Mitglieder sich noch keinen Harem erobern konnten, aber auch nicht mehr bei der Familie leben dürfen.

Obstsnack zum Sonnenuntergang auf dem Fluss

Vorbei an einem der typischen auf Stelzen gebauten Fischerdörfer fahren wir in einen kleinen Seitenarm. Auch hier ist alles von Mangroven gesäumt. Wir suchen Krokodile, werden aber nicht fündig. In der Nähe des Fischerdorfes dümpeln wir eine Weile vor uns hin. Marco reicht uns einen kleinen Snack bestehend aus Papaya und einer grünen Mandarine. Während wir essen, geht die Sonne unter. Zwar nicht unbedingt spektakulär, aber hey, ich finds trotzdem total abgefahren.
Es fängt ein wenig an zu nieseln. Während alle anderen vom Dach geschützt sind und trocken bleiben, habe ich auf meiner vordersten Bank ein wenig Pech. Meine Vorderseite wird feucht. Aber wozu habe ich denn meinen Regenponcho eingepackt? Denn es ist zu erwarten, dass es ziemlich kühl wird, wenn meine Sachen nass sind und wir nachher zurück fahren.

Wie im Feenwald

Als es dunkel ist fahren wir erneut in den Seitenarm des Flusses. Mit Taschenlampen leuchten wir die Wasseroberfläche ab und suchen noch einmal nach Krokodilen. Einmal blitzen wohl irgendwo Augen auf, aber das Tier verschwindet so schnell, dass ich das nicht sehe.
Dafür haben wir mit den Glühwürmchen Glück. Diese sitzen zu hunderten auf ganz bestimmten Bäumen. Als wir sie sehen wird es magisch. Ohne eine andere Lichtquelle ist es stockdunkel. Doch im Baum vor uns pulsieren in unregelmäßigen Abständen winzige Lichter. Es ähnelt tatsächlich einer blinkenden Lichterkette an einem deutschen Weihnachtsbaum. Nicht so intensiv, aber dafür ganz zauberhaft. Wie in einem Feenwald. Staunend sitzen wir da.
Für Fotos oder Videoaufnahmen reicht es leider nicht. Das Licht ist zu schwach. Und weil der Regen langsam stärker wird, bleiben wir auch nicht so lange wie ich gern würde. In finsterer Nacht düsen wir übers Meer zurück. Wider Erwarten landen wir aber nicht an unserem Strand, sondern steuern einen Ort an, wo wir an einem etwas abenteuerlich anmutenden Holzgerüst aussteigen müssen. Das ist für Gudrun natürlich kein leichtes Unterfangen. Aber mit vereinten Kräften von Bootsführer und Reiseleiter sowie helfenden Händen von unserer Seite, kriegen wir sie schließlich an Land.
Mir fährt zwischendurch noch der Schreck in die Glieder, als mir meine Digitalkamera aus der Hand rutscht. Glücklicherweise verfehlt sie die breiten Ritzen des Anlegers und bleibt mir erhalten.

Spontaner Nachtspaziergang

Der Abend beschließt sich mit dem Dinner. Unsere Reisegruppe hat sich noch nicht zusammen gerauft. Ulla und Uwe (verheiratet seit 25 Jahren) schlafen zwar in getrennten Unterkünften, aber sitzen immerhin gemeinsam am Tisch. Da es hier nur 4er Tische gibt, bleiben sie für sich. Angelika und Ralf bitten mich an ihren Tisch und ich bitte meinerseits Gudrun dazu, weil alles andere ja albern wäre. Natürlich hätte ich auch vorschlagen können, dass wir zwei Tische zusammen schieben – hatte ich aber keine Lust zu.
Wir haben gerade eben aufgegessen als Marco ganz aufgeregt zum Restaurant kommt und uns aufscheucht. Bei einem schnellen Rundgang habe er einen Riesengleiter, ein Blattinsekt und einen Gecko gefunden. Die arme Angelika schiebt sich eilig den letzten Happen Reis in den Mund, als wir anderen schon aufspringen.

Wie ein fliegender Teppich

Wir hetzen also durchs Resort, vorbei an Horst und weichen schließlich vom Weg ab – entgegen allen vorherigen Warnungen. An einem der hohen Bäume zeigt Marco uns ein pelziges Etwas kleben, dessen Fellfarbe ganz wunderbar mit der Baumrinde harmoniert. Ein fliegendes Hörnchen oder auch Riesengleiter genannt. Unser Reiseleiter will uns unbedingt demonstrieren warum es so heisst und begibt sich zu dem Baum. Im Schein einer kräftigen Taschenlampe sehen wir das Tier erst weiter nach oben huschen. Dann springt es. Es breitet Arme und Beine aus und gleitet einem fliegenden Teppich ähnelnd zu einem anderen Baum, den es zielsicher erreicht. Dort verlieren wir es aus den Augen.
Wir sind alle ganz verzückt. Dann geht’s weiter zum Blattinsekt. Marco zeigt uns Stabheuschrecken und ich freue mich, dass ich eine Agame auf einem Ast entdecke. Auch eine weitere Grubenotter kann unser Reiseleiter ausmachen. Es wird ein ebenso spontaner wie ergiebiger Nachtspaziergang. Meine Kamera streikt leider und ich kann kein einziges Bild machen. Ich befürchte der Sturz auf den Anleger hat größeren Schaden angerichtet. Erst im Baumhaus habe ich die Möglichkeit die Kamera zu untersuchen und festzustellen, dass nur die SD-Karte nicht mehr richtig drin saß.
Für den nächsten Tag stellt Marco uns im Übrigen einen neuen Reiseleiter in Aussicht: Tom. Dafür bin ich dankbar. Denn so viel Wissen uns Marco auch vermittelt, wirkt er angestrengt und gestresst, gehetzt und leider auch humorlos. Ich hoffe also auf eine Verbesserung.

4 Gedanken zu “Borneo: Ab ins Baumhaus

  1. Pingback: Borneo: Wandern im Bako-Nationalpark | Wortgestalten

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