Lehrerin Amelie Bachmayer erzählt aus ihrem Schulalltag und ihrem Leben. Über ein Schuljahr begleitet der Leser Frau Bachmayer im Unterricht, im Lehrerzimmer, auf Klassenfahrt und auch im Privatleben. Wie geht man mit renitenten Schülern um, wie mit überfürsorglichen Eltern, wie kriegt man die Klasse dazu alleine zu arbeiten, damit man den Kater vom Vorabend auskurieren kann, über wen wird mit Kollegen gelästert und was machen Lehrer überhaupt in den Ferien?
Amelie Bachmayer ist Lehrerin an einer Oberschule. Ein schöner Job, weil man so viel Ferien und damit frei hat. Die Wochen mit dem Unterricht dazwischen aber sind anstrengend und nervenaufreibend.
Anhand eines Schuljahres berichtet Amelie Bachmayer von ihren Erlebnissen. Sie ist Klassenlehrerin in einer 10. Klasse und unterrichtet Deutsch und Englisch. Sie unterrichtet außerdem eine 8. Klasse und bekommt auch noch eine 5. aufs Auge gedrückt. Das bedeutet mitunter 6 Unterrichtsstunden am Stück. Teilweise in Erdkunde, von dem sie keine Ahnung hat.
Ihre Abschlussklasse ist nicht unbedingt mit geistigen Leuchten besetzt. Die meisten haben sowieso keine Lust. Sie kommen zu spät oder gar nicht, sind unkonzentriert und spielen mit den Smartphones, können sich nur unzureichend ausdrücken und werden immer wieder frech. Ihnen den Ernst der Lage zu erklären – kein Abschluss, keine Ausbildung, kein Job – ist sinnlos. Manche arbeiten ohnehin auf Hartz IV hin.
Dem mühsamen Unterricht gegenüber stehen die Pausen im Lehrerzimmer. Da wird gelästert und gemeckert und getratscht. Dazu gibt es Unmengen Kaffee und Kekse. Damit rettet man sich von Schulanfang bis Ferienbeginn. Wenn man doch einen Job wie Kollege Krautmann hätte, der als Seminarleiter gerade mal einen Tag pro Woche an der Schule ist. Die restlichen Tage drückt er sich.
Witzig und traurig zugleich
Liest man das Buch von Amelie Bachmayer bekommt man den Eindruck, das Lehrerleben wäre eine super Sache – wenn die Schüler nicht wären. Auf nahezu jeder Seite finden sich Wendungen wie „erstmal einen Latte gezogen“, „hoffentlich gibt es Kekse“ und „bald ist Wochenende/Ferienanfang“, die nicht von der Schülerschaft getätigt werden. Unterrichtsvorbereitung findet dagegen eher selten statt. Stattdessen wird bei jeder Gelegenheit das Smartphone auf Nachrichten gecheckt, da gibt es nach ein paar Stunden Schule ein Mittagsschläfchen und zum Wochenende sitzt das Lehrerkollegium in der Kneipe.
Natürlich ist es ein unterhaltsames Buch. Es ist witzig und traurig zugleich zu lesen, wie Schüler und Eltern sich benehmen. Desgleichen gilt für die Lehrer, deren teilweise Faulheit und das fehlende Interesse dem der Schüler kaum nachstehen.
Das Buch ist nett geschrieben und gibt denke ich – wenn teilweise (hoffentlich) überzeichnet – einen durchaus realistischen Blick auf das heutige Schulsystem. Überforderte Lehrer und Schüler, respektloser Umgang und Hilflosigkeit, nicht mehr zeitgemäße Unterrichtspläne und fehlende Lehrmittel.
Für mich persönlich bleibt ein bitterer Beigeschmack. Ich finde die Darstellung schadet dem Lehrerberuf. Meine Schwester ist nämlich Lehrerin und im Gegensatz zu Frau Bachmayer bereitet sie sehr wohl zum Feierabend, an Wochenenden und in den Ferien Unterricht vor. Und in jeden Ferien verreisen ist mit dem mageren Gehalt schon gleich gar nicht drin. Da mag Frau Bachmayer aber auch ein glückliches Händchen bei der Stellenwahl und auch bei der Reisebuchung haben.
Alles in allem kann man bei der Lektüre durchaus abschalten und sich fluffig unterhalten lassen. Bevor man aber wegen der vermeintlich vielen Freizeit sofort den Beruf wechselt, sollte man sich nochmal anderweitig informieren.
Autorenporträt
Amelie Bachmayer ist Mitte 30 und Lehrerin. Sie liebt ihren Job – aber natürlich gehen ihr ihre Schüler und Kollegen auch mal richtig auf den Keks. Dann lenkt sie sich mit Zumba, Wochenendtrips mit ihren Mädels und dem Smartphone ab. Seit Anfang 2015 bloggt sie bei bild.de über ihren Schulalltag.
Buchinfo
„Mathe ist übertrieben hässlich, Frau Bachmayer“ von Amelie Bachmayer, erschienen bei Ullsteinbuchverlage
Taschenbuch: 256 Seiten, € 9,99, ISBN-13 9783548376547
eBook: 220 Seiten, € 8,99, ISBN-13 9783843712996
Quellen
Bild/Autorenporträt: www.ullsteinbuchverlage.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
Eine gute Freundin von mir ist ebenfalls Lehrerin und ich kann bestätigen, dass der Lehrerberuf als solcher durchaus anspruchsvoller und anstrengender ist, als er hier geschildert wird. Vor gut einer Stunde war sie noch mit Korrekturen beschäftigt…
Schade, dass dieses Lehrer-Bashing irgendwie gesellschaftsfähig geworden ist. Mittlerweile werden Lehrer ja schon häufiger für fehlerhaftes Verhalten und eine negative Entwicklung der Schüler verantwortlich gemacht als die Eltern selbst.
Außerdem leben wir in Zeiten, in denen man als Lehrer dauernd verklagt werden kann! Mir wäre es in meiner Schulzeit nicht im Traum eingefallen, so etwas zu tun.
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