Mal wieder ein Klassiker. Dieses Mal habe ich mir „Der scharlachrote Buchstabe“ von Nathaniel Hawthorne vorgenommen. Ein Buch mit diesem Titel und ein Schriftsteller mit diesem klangvollen Namen, da kann doch eigentlich nichts schief gehen! Wenn ich so anfange, ahnt Ihr vermutlich schon: es war ein ziemliches Desaster.
In „Der scharlachrote Buchstabe“ findet sich nicht nur die Erzählung mit dem gleichnamigen Titel, sondern außerdem eine Einleitung des Autors sowie einige erläuternde Texte zu erwähnten, geschichtlich relevanten Personen und Orten.
In der Einleitung schildert Hawthorne wie es überhaupt zur Entstehung von „Der scharlachrote Buchstabe“ kam. Wie er bei seiner Arbeit als Zollbeamter in einem Lagerraum das berüchtigte Stück Stoff fand und dazu einige Notizen.
In der titelgebenden Geschichte selbst geht es um die junge Hester Prynne, die in einer neu-englischen puritanischen Gemeinde lebt. Hester wird gleich zu Beginn an den Pranger gestellt. Sie ist verheiratet, doch ihr Gatte ist noch nicht von der alten in die neue Welt gereist und wird vielmehr vermisst. Umso skandalöser, dass Hester Prynne einen Säugling im Arm hält. Ob ihrer offensichtlichen Unzucht, wird sie von den Stadtältesten zusätzlich damit bestraft, ein großes rotes A auf ihrer Brust zu tragen. Dieses soll fürderhin allen ihre Verderbtheit zeigen.
Trotz aller Ermahnungen und Drohungen verrät Hester nicht wer der Vater des Kindes ist. Auch ihrem überraschend auftauchenden Gatten gegenüber, hütet sie das Geheimnis. Dieser wiederum verlangt von ihr, seine wahre Identität zu verheimlichen, um der Schande als gehörnter Ehemann zu entgehen. Dennoch schwört er, den Nebenbuhler aufzuspüren.
Hester zieht mit ihrer kleinen Tochter Pearl in ein abgelegenes Häuschen. Sie ist arbeitsam und fügt sich in ihr Schicksal. Mit den Jahren erlangt sie sogar wieder etwas Respekt in der Gemeinde durch ihre zurückhaltende Lebensweise und ihre aufopferungsvolle Arbeit. Nach sieben langen Jahren scheint dann auch endlich ein Ende ihrer Leidenszeit in Sicht.
Extreeeeeem langatmig
Ich war neugierig auf diesen Klassiker. Ich wusste nicht viel mehr, als dass es um eine Ehebrecherin geht, die mit einem roten A gebrandmarkt wird. Das schien mir interessant. Und im Grunde ist es auch eine gute Geschichte. Sie ist spannend und entführt den Leser in eine Zeit mit rigorosen Regeln und einer vermeintlichen klaren Unterscheidung von Recht und Unrecht.
Allein die Umsetzung, der Schreibstil sind überhaupt nicht meins. Schon die ellenlange Einleitung in der Hawthorne ausgiebig seinen Arbeitsplatz, das Zollhaus, beschreibt … meine Güte, war das langatmig! Theoretisch hätte es gereicht zu schreiben „Ich habe für kurze Zeit als Beamter in einem Zollhaus gearbeitet. In einem Lagerraum fand ich eine Rolle Pergamente und einen Stofffetzen in Form des Buchstabens A. Daraus habe ich die folgende Geschichte gemacht.“ Zack, fertig. Aus diesen wenigen Tatsachen hat Hawthorne jedoch eine 65-seitige Einleitung gedrechselt. Diese ist an Langatmigkeit und Schachtelsätzen nicht zu überbieten.
Überhaupt: Schachtelsätze. Wenngleich die eigentliche Erzählung spannender und interessanter ist, auch hier finden sich immer wieder Längen. Ergüsse in denen der Autor sich haarklein und ausgiebig in irgendwelchen möglichen Empfindungen der Protagonisten suhlt. Da sind schnell mal 4-5 Seiten vollgeschrieben um den Geisteszustand zu beschreiben.
Im Anschluss habe ich mich noch durch die Texte Mrs. Hutchinson und Endicott und das rote Kreuz gekämpft. Dann habe ich aufgegeben. Ich war einfach nicht mehr fähig noch mehr so weitschweifige Erklärungen und Beschreibungen zu lesen. Ich liebe die etwas gehobene und poetische Sprache, die alten Büchern zu eigen ist. Und auch Hawthorne kann das. Das ging allerdings völlig unter in all den langen Sätzen.
Wie der zuverlässige Leser meines Blogs weiß, fasse ich mich auch nicht unbedingt kurz. Aber ich wage zu behaupten, ich bin nicht halb so langatmig wie Mr. Hawthorne.
Das ist also ein Klassiker, den ich überhaupt nicht empfehlen kann. Wer sich für die Geschichte interessiert, schaut vielleicht besser die Verfilmung (obwohl ich die nicht gesehen habe, also nicht für Authenzität garantiere).
Andere Klassiker
Der große Gatsby
Dubliner
Sturmhöhe
Die Insel des Dr. Moreau
Autorenporträt
Nathaniel Hawthorne, 1804 in Salem/Mass. geboren und 1864 in Plymouth, New Hampshire gestorben, galt in den ersten Jahren seines literarischen Werdeganges als ›obskurster Schriftsteller in Amerika‹. Er arbeitete zwischenzeitlich als Zollinspektor und kämpfte trotz seines Ruhmes gegen den finanziellen Ruin. Hawthorne reiste mehrere Jahre durch Europa und kehrte 1859/60 nach Amerika zurück. Der Autor zahlreicher Erzählungen hinterließ vier unvollendete Romane.
Buchinfo
„Der scharlachrote Buchstabe“ von Nathaniel Hawthorne, erschienen März 2016 bei dtv
Taschenbuch: 488 Seiten, € 12,90, ISBN 978-3-423-14489-6
Quellen
Bild+Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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