Das Leben als Lehrer ist doch nicht so leicht wie Fabian Dreher sich das vorgestellt hat. Seine 9a ist unaufmerksam, uninteressiert und ungehobelt. Nach einem neuerlichen Zwischenfall setzt Direktor Kaiser ihm die Pistole auf die Brust: Entweder die Schüler der 9a schneiden bei der baldigen Lernstandserhebung gut ab oder Dreher kann seinen Hut nehmen. Damit rückt auch die ersehnte Verbeamtung in unerreichbare Fernen.
Wie schön könnte das Leben als Lehrer sein: Am Vormittag und frühen Nachmittag ein paar Schüler beaufsichtigen und ihnen beim eifrigen Selbstlernen zusehen, während man seinen Kater vom Vortag auskuriert und abends gleich wieder mit den Kumpels um die Häuser ziehen. So in etwa stellt Fabian Dreher sich sein Dasein als Lehrer für Deutsch und Geografie vor.
Bedauerlicherweise ist er jedoch nicht im Gymnasium mit lernwilligen Schülern gelandet, sondern an einer Gesamtschule. Auch noch in einer Klasse die beherrscht wird von Streitereien, Beleidigungen, Desinteresse und der eigenwilligen Sprache die sogenannten Jugendlichen mit Migrationshintergrund eigen ist. Dazu machen die Schüler seiner 9a immer wieder auch anderen Schülern und Lehrern das Leben schwer. Die Beschwerden darüber bearbeitet er allerdings ebenso halbherzig und desinteressiert wie seine Schüler dem Unterricht folgen.
Nach knapp einem Jahr setzt Direktor Kaiser seinem jungen Lehrer allerdings die Pistole auf die Brust: Die Klasse 9a ist schlecht. Und wenn sie bei der bevorstehenden Lernstandserhebung nicht deutlich besser abschneidet als bisher, dann ist Fabian Dreher die längste Zeit Lehrer gewesen. Sein Ziel der Verbeamtung wäre damit hinfällig.
Dummerweise geht Fabian im Suff auch noch eine unselige Wette um den Ausgang der Lernstandserhebung mit einem alten Klassenkameraden ein. Im Falle des Verlierens wäre er dann nicht nur den Job sondern auch sein Auto los.
Jetzt heißt es innerhalb von sechs Wochen seine Schüler auf Kurs zu bringen und ihnen den Stoff mehrerer Jahre einzutrichtern. Dabei entwickelt er mit Hilfe seiner Freunde einige interessante und ungewöhnliche Methoden.
Selbstredend läuft es auch privat nicht gut bei Fabian. Seine Freundin kommt von einem längeren Auslandsaufenthalt zurück und hat viele neue Ansichten im Gepäck. Diese will sie nun alle in ihrem Leben mit Fabian unterbringen. Bald zeigt sie dabei jedoch eine unschöne Tendenz zur Illegalität.
Viel Klischee, viel zu lachen
Lasst mich zuerst sagen, dass ich bei der Lektüre viel gelacht habe. Das Buch hat mich also recht gut unterhalten und langweilig war es auch nicht. Aber – wie meistens, wenn ich so anfange – mir ist einiges an dem Buch übel aufgestoßen. Vielleicht nehme ich das aber auch zu ernst.
Denn das Buch strotzt nur so vor Klischees: Migrantenkinder mit Namen wie Kevin, Janine und Tarek, die keinen blassen Schimmer von deutscher Sprache haben und diesen auch nicht haben wollen. Ein unmotivierter Lehrer der seinen Kater auskuriert, statt sich tatsächlich ums Unterrichten zu kümmern und der lieber Aufstellungen für die perfekte Fußballmannschaft macht, anstatt sich mit den Eltern seiner Schüler auseinander zu setzen. Dazu eine überdrehte Freundin, die von einem Mexikotrip mit radikalen veganen Ansichten zurückkehrt und alles auf den Kopf stellt. Ganz zu schweigen von einer gewissen Vorhersehbarkeit, was das Ende des Buches angeht.
Insgesamt war mir die Geschichte also einfach too much. Zu übertrieben. Dadurch waren mir die Protagonisten einfach nicht sonderlich sympathisch und das ist natürlich schade.
Wer sich jedoch darauf einlässt bzw. wen diese übertriebene Art von Klischees nicht stört, der wird an dem Buch sicherlich noch mehr Spaß haben als ich. Und wie gesagt, auch ich fand es unterhaltsam und interessant. Und es war durchaus spannend was Fabian sich alles einfallen lässt, um seine 9a zu motivieren.
Autorenporträt
Tobias Keller, geboren 1989 in Oberhausen (NRW), studiert in Bochum Deutsch und Pädagogik auf Lehramt. ›Morgens leerer, abends voller‹ ist Kellers Debüt.
Buchinfo
„Morgens leerer, abends voller“ von Tobias Keller, erschienen Januar 2016 bei dtv
Taschenbuch: 336 Seiten, € 9,95, ISBN: 978-3-423-21619-7
eBook: 336 Seiten, € 7,99, ISBN: 978-3-423-42831-6
Quellen
Bild+Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne
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