Ecu/Gal: Die nervige Früchtetruppe

30. Oktober 2015

Mein Tag beginnt wie immer früh. Schon kurz nach Sonnenaufgang bin ich wach. Die Aufgabe meines heutigen Vormittags wird sein ein Floß aus Balsaholz zu bauen und damit den Fluss hinabzutreiben. Im Idealfall auf dem Floß und nicht daneben.

Mein Begleiter ist heute leider nicht Juan, sondern ein anderer junger Mann, dessen Name ich mir unhöflicherweise nicht gemerkt habe. Es kommen auch weder Clara noch Hannah mit, da sich das Bauen wohl von selbst erklärt. Außerdem gibt es viel zu tun. Denn nach dem Frühstück kommen viele Kinder zur Lodge.

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Blick auf die (geschlossene) Bar der Liana Lodge

Besuch in der Liana Lodge

Es ist der Freitag vor Allerheiligen und die Schulkinder möchten heute die Schweizer Gründerin der Lodge ehren. Sie hat viel für die Gegend hier getan, sich für die Ausbildung und Arbeitsplätze eingesetzt. Leider ist sie vor einigen Jahren bei einem Autounfall verstorben.

Schön zu sehen, wie ruhig es trotz all der Kinder ist. Keines schreit oder heult oder rennt wild herum. Das ist alles ziemlich geordnet. Kein Vergleich zu den unbändigen Kids der französischen Familien vom Wochenbeginn.

„Mein“ Floß aus Balsaholz

Dann muss ich aber los zum Floßbau. Per Kanu holen wir erstmal das Balsaholz. Das liegt auf der Insel gegenüber. Darum kümmern sich der Guide und der Kanufahrer. Praktischerweise sind die Stämme schon geschnitten und liegen unmittelbar am Ufer. Sogar ohne schriftliche oder mündliche Anleitung erschließt sich mir, wie sich die vier Stämme, die beiden kürzeren Äste und das Seil verbinden müssen, um mich zu tragen.

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Das fertige Floss

Wir werden mit dem Holz dort abgesetzt, wo auch die Boyas-Tour startet. Beim Ausladen ist erstmal weniger Geschick als Kraft gefragt. Während der Kanufahrer das Gefährt am Ufer hält, legen der Guide und ich die großen Stämme nebeneinander ins Wasser. Eine besondere Reihenfolge scheint es nicht zu geben. Die beiden kürzeren und deutlich schmaleren Äste werden jeweils etwa 30-40cm von den Stammenden entfernt quer darüber gelegt. Mit einem langen Seil fixiert der Guide die ganze Konstruktion. Dabei kann ich wenig mehr machen als das Holz irgendwie zusammen zu halten. Ich komme mir reichlich nutzlos vor. Aber es stimmt, einen Dolmetscher braucht es nicht, weil der Guide sowieso kaum was sagt.

Innerhalb von 15 Minuten ist das Floß zusammengezurrt. Meine Klamotten samt Digicam kann ich im Kanu verstauen. Der Fahrer wird alles zuverlässig und trocken zurück zur Lodge bringen. Dann zeigt der Guide mir wo ich mich hinsetzen soll – ich darf die Galionsfigur sein. *g* Ich kriege ein Paddel in die Hand und dann schwingt auch der Guide sich auf unser Floß. Der Arsch wird zwar nass – wie nicht anders zu erwarten – aber das Balsaholz trägt uns.

Und wieder geht’s flussabwärts

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Und ab geht die Susi …

Der Kanufahrer macht ein paar Fotos von uns und treibt auch noch eine Weile neben uns her. Vielleicht für den Fall, dass sich doch noch ein Knoten löst und wir absaufen. Doch sobald wir die Stromschnellen passiert haben, verzieht er sich.

Wieder einmal trödle ich den Rio Arajuno hinunter. Das Paddeln hier ist etwas anstrengender als das Kajakfahren auf Galapagos. Denn hier habe ich nur ein einfaches Holzpaddel mit einem schmalen Blatt, bei dem ich immer wieder die Seiten wechseln muss. Beim Kajakfahren hatte ich ein Doppelpaddel (also Paddelblätter an beiden Enden des Griffs), was sich deutlich einfacher handhaben lässt.

Der Guide und ich starten den Versuch einer Unterhaltung. Aber meine mangelnden Sprachkenntnisse vereiteln das. Und auch die Tatsache, dass ich ihn nicht sehen kann, was das Reden mit Händen und Füßen massiv erschwert.

Ziemlich schnell sind wir wieder an der Lodge angelangt. Allerdings heißt es erstmal das Floß wieder zerlegen. Wir legen also dort an, wo wir vorher das Holz hergeholt haben. Nachdem der Guide das Seil gelöst hat, wuchten wir gemeinsam die Stämme wieder die Böschung hinauf. Und dann kommt auch schon das Kanu, um uns abzuholen und zur Lodge überzusetzen.

Geplant: Vogelbeobachtung am Abend

Meine nächste Unternehmung startet erst um 16.45Uhr und bis dahin entspanne ich in der Hängematte auf meinem Balkon. Heute will ich noch eine Vogeltour machen. Man könne vor dem Sonnenuntergang die Vögel beobachten wie sie zu ihren Schlafplätzen fliegen. Dazu soll ich mit dem Kanu wieder einmal den Fluss hinauf gefahren werden. Dann steige ich irgendwo aus, beobachte eine Weile und dann geht’s ohne Motorkraft im Kanu wieder zurück. Bis es dunkel ist.

So der Plan.

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Keine Vögel, aber Natur pur

Ich habe leichtsinnigerweise zugestimmt, dass ich mich auch der Vogeltour von der Früchtetruppe anschließen würde. Damit müsste ich weniger bezahlen und es wäre ja auch quatsch für mich da eine Extrawurst zu braten. Das ist aber eine blöde Idee.

Kurz vor halb fünf kommt Hannah japsend zu meiner Cabana, um mir zu sagen, dass die Früchte jetzt schon losfahren wollen. 15 Minuten früher als geplant. Das hört sich nicht viel an, aber die Tiere haben ihren eigenen Zeitplan. Die kommen nicht 15 Minuten früher! Ich bin jetzt schon angenervt. Immerhin bin ich aber soweit fertig, dass ich nur meine Sachen schnappen und die Cabana schließen muss.

An der Anlegestelle scharren die Früchte schon mit den Füßen. Ein paar erfreuen sich an den kleinen Affen, die über uns in den Bäumen turnen. Obwohl sie so nahe sind, ist es immer schwierig ein schönes Bild zu schießen. Entweder sind Blätter im Weg oder sie gucken weg oder sie sind zu schnell und schon verschwunden, wenn man auf den Auslöser drückt.

Ständig dieses Gequatsche aus den Früchtereihen

Dann geht es los. Die 13 Leute der Früchtetruppe quetschen sich ins Kanu. Dann komme ich und nach mir noch 3 Guides. Zwei davon gehören wohl zur Gruppe dazu und einer ist von der Lodge. Zum zweiten Mal an diesem Tag tuckere ich den Fluss hinauf. Man kann das eigentlich gar nicht oft genug machen, weils einfach immer beeindruckend ist.

Um es kurz zu machen: Die Vogeltour verläuft nicht so, wie es mir gesagt bzw. wie es wohl eigentlich geplant ist. Wir halten nirgends an und steigen nicht aus, sondern stellen irgendwann den Motor ab und lassen uns wieder zurück treiben. Wir sehen kaum Vögel und wenn der Guide mal auf einen hinweist, dann kann man ihn sowieso kaum erkennen vom Boot aus. Ich habe nicht erwartet, dass die Vögel direkt neben mir landen, aber von einem festen Standpunkt aus, kann man besser Ausschau halten. Und es ist ohnehin einfach noch zu früh!

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Badetag

Immerhin sehen wir – oder zumindest ich, denn als die anderen gucken, ist er schon weg – einen Kaiman am Flussufer. Und im Geäst entdecken wir einen Spinnenaffen. Es ist ansonsten schwierig die abendliche Ruhe bzw. die abendlichen Geräusche zu genießen, weil die Teile der Früchtetruppe nicht mal eine Minute ihre Klappe halten können. Die quatschen die ganze Zeit. Ich bin noch viel mehr genervt.

Noch vor 18 Uhr sind wir wieder zurück. Für die anderthalbstündige Tour haben wir nicht mal eine Stunde gebraucht. Zu meiner Genervtheit gesellt sich daher auch noch Enttäuschung. Vielleicht hätte ich auch nichts weiter gesehen, wenn ich alleine und zur ausgemachten Zeit die Tour gemacht hätte. Denn das Wetter bzw. die Wolken spielen auch eine Rolle. Aber es wäre dennoch mit Sicherheit interessanter gewesen. Der Guide hat ja nicht mal darauf hingewiesen, was man alles für Vögel hört. Auch auf meine Frage dazu hat er nicht geantwortet. Fand ich nicht nett.

Der letzte Sonnenuntergang ist spektakulär

Ich habe dann wenigstens noch den Sonnenuntergang am Fluss genossen bevor es zum Abendessen ging. Sehr spektakulär. Meine Tischgenossen erzählten von ihrem ereignisreichen Tag. Sie waren auf der Insel Anaconda und haben ebenfalls Teresa besucht. Nur vom Chicha waren sie nicht begeistert. *g*

Zum Abschluss der Dschungelzeit genehmige ich mir noch einen Zuckerschnaps von Abelino. Der hat es ganz schön in sich. Ich würde gern welchen mitnehmen, aber leider reicht mein Geld nicht. Ich habe nämlich nicht dran gedacht, dass ich ja meine Getränke bezahlen muss und daher befinden sich nur 90 Dollar in meinem Geldbeutel. Dank der vergünstigten Vogeltour und meinem geringen Cocktailkonsum reicht es aber, um meine Rechnung zu begleichen, ein anständiges Trinkgeld zu geben und trotzdem noch die Fahrkarte zurück nach Quito zu bezahlen.

Die letzte Nacht im Regenwald und dann heißt es Abschied nehmen.

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