23. Oktober 2015
Es ist soweit. Ich muss tatsächlich Isabela verlassen. Zusammen mit den Italienern werde ich früh am Morgen abgeholt. Mit dem Speedboot geht es wieder zurück nach Santa Cruz. Auch die beiden Berliner sind mit dabei. Mit einem riesigen Stapel Gepäck. Wohlwollend nehmen die Guides zur Kenntnis, dass ich lediglich eine Reisetasche habe. Wie im Übrigen alle anderen Guides auf der Reise auch. Das freut mich absurderweise.
Auf Santa Cruz angekommen, werden wir alle – die Italiener, die Berliner und ich – ins Hotel Fernandina gebracht, dass ich schon kenne. Dort wartet das Frühstück auf uns. Danach trennen sich unsere Wege. Die Berliner machen einen Ausflug und die Italiener und ich wir werden jeweils in ein anderes Hotel verbracht. Ich habe zwei weitere Nächte im Hotel Mainao gebucht – bevor ich wusste, dass das Fernandina so nett ist.
Der Mann, der uns vom Pier abholt, hilft mir noch dabei für den nächsten Tag einen Ausflug zu buchen. Eigentlich möchte ich nach North Seymour. Wegen der Blue-Footed-Boobies und der Fregattvögel. Aber aufgrund der Reglementierung wer welche Insel wann und wie oft anfahren darf, wird der Ausflug nur am Freitag angeboten. Verständlich, aber Pech für mich. Alternativ, sage ich, wäre auch ein Schnorchelausflug eine Idee. Also wird ein Tagesausflug zum Schnorcheln klar gemacht.
Spaziergang durch Puerto Ayora
Mein neues Hotel ist im maurisch-marokkanischen Stil – sprich ohne Fensterscheiben, aber immerhin mit Fliegengittern. Und es gibt sowohl Vorhänge als auch Fensterläden. Ich habe ein Turmzimmer im 1.OG mit Balkon. Leider gibt es nichts weiter zu sehen, weil rundherum Häuser stehen. Und obwohl die Hotelanlage hübsch ist, wirkt sie dank des großen Metalltores und der hohen Mauer wie abgeschottet.
Ich beziehe also gegen mein Zimmer, checke am öffentlichen Computer schnell meine Emails und mache mich gegen 10 Uhr auf, um den Tag rumzukriegen. Ich spaziere zum Fischmarkt und beobachte das Treiben dort eine ganze Weile. Die Pelikane sind genauso frech wie beim letzten Besuch. Und sie werden es sicher auch zukünftig sein. Danach geht es weiter durch den kleinen Ort. Vorbei an den vielen Souvenirläden in die ich alle reinschnuppere und das ein oder andere Mitbringsel erstehe. Und vorbei an den kleinen und großen Restaurants. Und den Juwelieren. Davon gibt es hier ganz schön viele. Teilweise mit sehr ungewöhnlichen Ladengeschäften.
Schließlich lande ich am Pier, wo ich den restlichen Tag verbringe. Ich sitze oder stehe mal hier und mal da. Beobachte die vielen Pelikane. Und auch eine Gruppe von Boobies hat sich eingefunden. Es macht Spaß die Vögel beim Jagen zu beobachten. Die schlanken Boobies tauchen in teilweise halsbrecherisch anmutender Manier pfeilartig und fast geräuschlos ins Wasser ein. Nach wenigen Sekunden kommen sie mit einem leisen Pflopp wieder an die Oberfläche. Nur um sich unmittelbar danach wieder in die Lüfte aufzuschwingen und die nächste Attacke zu planen.
Die Pelikane hingegen mit ihren massiveren Körpern stoßen vergleichsweise behäbig ins Meer. Sie tauchen auch nicht ganz unter, sondern der Rumpf bleibt über Wasser und nur die Köpfe tauchen ein. Das verursacht eher ein lautes und unelegantes Platschen. Viele sitzen auf dem Geländer des Piers, blicken auf die Wasseroberfläche und lassen sich dann einfach nach vorne fallen, wenn sie einen oder mehrere Fische entdeckt haben. Ein wunderbares Schauspiel.
Ein reges Kommen und Gehen
Dazwischen beobachte ich das Kommen und Gehen der Menschen im Hafen. Die Wassertaxis die mal mit einer großen Gruppe Touristen ankommen und diese ausspucken. Dann wieder wollen ein oder zwei Einheimische zum Angermeyer Point gebracht werden. Oder zu ihren eigenen Booten. Viele Ausflügler starten hier ihre Touren. Es ist sehr unterhaltsam zuzusehen wie sie in die Boote verladen werden, wie die Guides teilweise ihre liebe Mühe haben, alle unter Kontrolle zu behalten. Erst recht als auf einem der kleinen schwimmenden Anleger eine Seelöwenmama mit Kind liegt. Alle Aussteigenden können gar nicht anders als Bilder zu machen. Die Nachrückenden kommen nicht vom Boot. Und neue Passagiere können auch nicht einsteigen. Ein bisschen Chaos, ein bisschen Aufregung für mein Amüsement.
Um die Mittagszeit suche ich mir ein Lokal in der Nähe und habe mit nur einem Gang ein vergleichsweise mageres Essen. Aber es reicht völlig. Danach nehme ich wieder einen entspannten Platz am Pier ein. Etwas abseits entdecke ich eine Gruppe dösender Seelöwen. Vorsichtig – oder eher unvorsichtig? – lasse ich mich zwischen ihnen nieder. Würde ich die Arme ausstrecken, könnte ich rechts und links gleichzeitig einen Seelöwenkopf streicheln. Mache ich natürlich nicht. Obwohl meine Aktion vermutlich genauso bekloppt tourimäßig ist wie die Fotografen die für Stau auf dem Anleger sorgen.
Die Tiere nehmen kaum Notiz von mir. Nur der kleinere Kollege rechts von mir platziert seinen Kopf anders und öffnet immer wieder mal ein Auge, um zu gucken, ob ich noch da bin. Ansonsten liegen die Tiere nur da und geben äußerst menschliche Geräusche von sich. Sie Schnarchen zum Beispiel leise. Und als der große Seelöwe links von mir niest, klingt auch das sehr menschlich. Das Husten genauso. Gibt es Erkältungen bei Seelöwen? Der Nachbar reißt beim Husten sein Maul beachtlich weit auf. Ich kann einen tiefen Blick reinwerfen und sehe blutige lange Zähne und seinen ebenso blutroten Rachen. Mir wird etwas mulmig. Ach was mulmig, ich kriege ordentlich Schiss!
Sollte ihm einfallen, dass er zu seiner offenbar erst kürzlich verzehrten Mahlzeit noch einen Nachschlag braucht und mich als Buffet ansieht, habe ich ganz schlechte Karten. So schnell bin ich nicht aufgestanden und abgehauen, wie er wohl zubeißen würde. Und ich wäre selber schuld.
Ein Fotobeweis muss sein
Aber er scheint sich damit zufrieden zu geben, mich ein wenig anzuhusten, mir ein zweites Mal seine geöffnete Schnauze zu präsentieren und dann weiter zu dösen. Ganz einhellig und ruhig hocken wir zu sechst hier und entspannen. Die Jungs und Mädels neben mir haben die Augen zu und ich beobachte den Pier weiter aus einer anderen Perspektive. Immer wieder kommen auch Menschen zu „meinem“ Platz um die Seelöwen anzusehen und Fotos zu machen. Irgendwann bitte ich jemanden auch ein Foto von mir mit den Tieren zu machen. Logisch. Wer würde das sonst glauben? Nicht mal ich in ein paar Jahren.
Überraschung am Abend
Nach ein oder zwei Stunden – keine Ahnung wie lange ich da gesessen habe – verlasse ich die Seelöwen wieder. Es wird schon dunkel und ich kann kaum glauben, dass der Tag schon fast rum ist. Auf dem Platz vor dem Pier wird Volleyball gespielt. Ich setze mich zwischen die anderen Zuschauer und sehe zu.
Nach einem – für die Örtlichkeit – frühen Abendessen mache ich mich auf ins Hotel. Dort erwartet mich noch eine Überraschung. Gegen 21 Uhr schneit der Veranstalter der Schnorcheltour vom nächsten Tag herein. Er will bezahlt werden. Ich bin ein wenig perplex, denn ich dachte ich bezahle am nächsten Tag, wenn wir uns ja sowieso sehen. Nein, er möchte das Geld gleich haben. Nun gut. Am Samstag 9 Uhr soll ich bereit sein, dann werde ich abgeholt. Ich bin gespannt.
Zufrieden lächelnd liege ich schließlich im Bett. Obwohl ich nichts weiter gemacht habe heute, empfand ich es nicht als langweilig oder den Tag als verloren. Eher im Gegenteil.
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