Mein Aufreger der Woche – Streik

Heute möchte ich mich mal ein wenig aufregen. Im Radio hörte ich heute früh schon wieder das böse „S“-Wort. Nicht Scheisse, nicht Sex, nicht Schimmelfleisch, sondern Streik. Mal wieder bei der Bahn. Das ist doch nicht zu fassen?! In der vergangenen Woche habe ich mich bereits mit meiner Schwester über das Thema unterhalten. Denn bereits da haben die Bahnangestellten gestreikt.
Es kommt mir vor, als würde immer mehr gestreikt. In den letzten 2-3 Jahren hat das meiner Meinung nach extrem zugenommen.
Eigentlich sollte Streik ja das wirklich letzte Mittel im Arbeitskampf sein, um seine Interessen durchzusetzen. Und grundsätzlich ist die Möglichkeit auch eine tolle Sache. So zeigt man mal, was alles nicht geht, wenn man seinen Job nicht macht. Ich habe auch durchaus Verständnis dafür, dass ein Pilot, ein Lokführer oder ein Lotse eine bestimmte Arbeitszeit fordern. Ein Lokführer der schon 10 Stunden durch die Gegend fährt, ist genauso wenig vertretbar wie ein LKW-Fahrer mit so langer Fahrzeit. Bei letzteren ist die Fahrzeit strikt geregelt. Warum nicht auch beim Lokführer? Oder Piloten? Auch ein Lotse muss hochkonzentriert und hellwach seinen Job machen und kann sich keinen Schnitzer leisten.
Ich kann auch die Forderung nach gerechter Entlohnung bei allen Arbeitnehmern nachvollziehen. Wer einen Vollzeitjob hat, der soll so dafür bezahlt werden, dass er davon Leben kann und – wenn er eine hat – eine Familie davon ernähren kann. Das ist ja heute kaum noch gegeben.
Aber zurück zum Streik. Das beschissene an der ganzen Sache ist, es trifft nicht die Richtigen. Leidtragende sind die Bahnfahrer, die Pendler, Leute, die auf die Bahn angewiesen sind. Es glaubt doch keiner, dass es auch nur eine Person trifft, die tatsächlich über kürzere Arbeitszeiten oder mehr Gehalt für die Bahnmitarbeiter entscheidet?!
Betroffen ist Herr Blubb, der täglich von Heidelberg nach Stuttgart fahren muss, weil er dort eben arbeitet. Betroffen ist Frau Muster, die von Stuttgart nach Karlsruhe zu einem Vorstellungsgespräch will. Betroffen ist Familie Irgendwas, die von Stuttgart nach München zum Flughafen will, weil sie sich dieses Jahr endlich mal einen Auslandsurlaub gönnen kann. Alle drei haben kein Auto. Sie sind aufgeschmissen und müssen sich Alternativen suchen, wie sie von A nach B kommen. Und von wegen man wird ja rechtzeitig darüber informiert! Das kriegt man vielleicht einen Tag vorher mit und muss dann zusehen wie man sich arrangiert.
Nach dem Streik heißt es immer, das Chaos blieb aus, weil die Bahnfahrer ja „frühzeitig“ informiert wurden und sich eben anderweitig gekümmert haben. Fragt man betroffene Bahnfahrer, haben die Meisten dafür Verständnis. Geht mir ja auch so. Aber eigentlich ist doch genau das falsch!
Bzw. kann man ja Verständnis haben. Innen drin. Für sich so. Nach außen müsste man bei der Bahn – und bei den Fliegern natürlich auch – eben für totales Chaos sorgen. Man müsste sich beschweren, meckern, lautstark seinem Ärger Luft machen. Die Bahnhöfe besetzen, dem Bahnvorstand mit Schreiben auf die Pelle rücken.
Wenn alle Bahnfahrer immer nur Verständnis haben und sich in den Streik fügen, dann hat die Bahn zwar schon Verluste, aber es entsteht doch gar kein Druck! Die denken sich dann nur „Ach ja, ein Streik. Wir kündigen das an, dann suchen die Leute sich Alternativen. Wir haben ein paar wenige, die ihr Ticket erstattet haben wollen. Aber wirklich Terror gibt es nicht. Die Leute haben ja Verständnis und kümmern sich selber. Wir müssen nicht aktiv werden.“
Es wäre also viel effektiver, wenn betroffene Bahnkunden oder Flieger sich ordentlich aufregen und dadurch mehr Druck erzeugen würden. Denn im Endeffekt ist es doch auch Scheisse! Man kann sich inzwischen weder auf die Reise per Flugzeug noch mit der Bahn verlassen! Will ich mit der Bahn verreisen, denke ich zuerst an die zumeist horrenden Kosten und dann daran, dass ich hoffentlich keine Verspätung habe oder die nicht gerade wieder streiken und der Zug ganz wegfällt. Bei Flügen ist das genauso beschissen. Der Preis ist hoch und dann überlegt man, wie dramatisch ist das, wenn der Flug ausfällt, weil die wieder streiken? Da fährt man doch dann gleich lieber mit dem Auto, wenn man eins hat oder sucht sich eine andere Möglichkeit ans Ziel zu kommen.
Es braucht sich keiner zu wundern, dass fast jeder ein Auto hat und die Autobahnen verstopft sind, die Abgaswerte alles sprengen und die Leute jeden Benzinpreis zahlen. Sie sind flexibel und streikende Bahn- oder Flughafenmitarbeiter tangieren sie nicht. Ich selbst fahre zwar innerhalb der Stadt mit der U-Bahn, aber so gut wie gar nicht mehr mit der Deutschen Bahn. In den letzten beiden Jahren bin ich glaube ich fünfmal mit der Bahn irgendwohin gefahren. Ich war zwar immerhin von keinem Streik betroffen, aber pünktlich war die Bahn trotzdem nicht. Neulich hatte ich die Gelegenheit die Anzeigetafel für die nächsten Zugabfahrten mal eine Weile zu beobachten. Bei 80% der Züge gab es einen Hinweis auf Verspätung! Ernsthaft! Und das waren keine Streikauswirkungen, sondern ist Alltag. Wer braucht denn bitte so ein unzuverlässiges Transportunternehmen? Ein Unternehmen, dessen Arbeitnehmer neuerdings ständig streiken?!
Die Bahn wundert sich über schwindende Kundenzahlen? Ich nicht.
Von den ganzen Verspätungen abgesehen, fördern die ständigen Streiks das Vertrauen in die Bahn erst recht nicht. Vielleicht sollten sich also alle Betroffenen Bahnkunden beim nächsten Streik mal so richtig aufregen und der Bahn die Hölle heiß machen, damit auch bei den entsprechenden Entscheidungsträgern ankommt, dass hier was schief läuft.

2 Gedanken zu “Mein Aufreger der Woche – Streik

  1. Ich habe gestern auch unter den Auswirkungen des Streiks gelitten. Als Berlinerin, die zum Studieren nach Potsdam pendeln muss, bin ich auf U-Bahn, S-Bahn und Regionalbahn angewiesen.
    Du hast Recht, dass man der Deutschen Bahn eigentlich bei jedem Streik richtig Feuer machen müsste, um den Arbeitskampf zu unterstützen. Man müsste deutlich machen, dass man hinter LokführerInnen und ZugbegleiterInnen steht und die Schuld beim Unternehmen sieht, das sich nicht auf Verhandlungen einlassen will. Problematisch daran ist, dass man als normaler Bahnreisender kaum an die Verantwortlichen heran kommt. Deswegen beobachte ich immer wieder ein Phänomen, dass schlicht keinem etwas bringt: kommt es zum Bahn-Streik, richten die Fahrgäste ihren Unmut an das Personal auf den Bahnhöfen. Es ist nicht der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube, der sich auf den Bahnhöfen herum treibt. Es sind Menschen wie du und ich, die nicht das Geringste für den Streik können und damit auch gar nichts zu tun haben. Sie sind die Blitzableiter. Das ist falsch, so sollte es nicht sein. Es müsste eine Möglichkeit geben, sich an genau der Stelle zu beschweren, die es verdient.

    Viele liebe Grüße,
    Elli

    Gefällt 1 Person

    • Hallo Elli,

      ich verstehe sehr gut was Du meinst. Die Mitarbeiter vor Ort können am wenigsten dafür und kriegen fast den ganzen Ärger der verärgerten Kundschaft ab. Mir ist es auch schon passiert, dass ein verärgerter Kunde mich „rund“ gemacht hat, für einen Fehler, der nicht bei mir lag. Und ich sag mal blöd, das ist dumm gelaufen – dafür bin ich halt an vorderster Front, sprich die erste am Telefon. Aber ich habe sowas immerhin auch nicht täglich.
      Es ist richtig, dass weder Herr Grube noch irgendein anderer Bahn-Vertreter wirklich bzw. direkt erreichbar ist für die Beschwerden der verärgerten Kundschaft. Deswegen aber seinem Unmut gar nicht erst Luft zu machen, finde ich aber eben auch nicht richtig. Die Sache ist doch die, wenn der Kunde sich nicht beschwert und etwas bemängelt, wird das betreffende Unternehmen nichts ändern. Wenn der Kunde sich beschwert, mag sein, dass sich dann immer noch nichts ändert, aber er hat es versucht. Und erste Ansprechpartner sind nun bedauerlicherweise mal die Mitarbeiter an den Bahnhöfen. Man könnte sozusagen auf einen Dominoeffekt hoffen bzw. einen solchen anstreben: Die Kunden beschweren sich massiv bei den Mitarbeitern vor Ort, bis die so genervt sind, dass die den Druck nach oben weiter geben. Das ist natürlich nicht das nonplusultra.
      Eine andere Möglichkeit wäre noch eine gemeinsame Aktion an den Bahnhöfen von Pendlern, eine Demonstration während des Streiks, über die dann auch in der Presse berichtet würde. Das Problem hier wird aber sein, die Leute müssen eben arbeiten. Jeder Arbeitnehmer hat selbst dafür zu sorgen, dass er pünktlich am Arbeitsplatz erscheint. Man würde also seinen Job riskieren, wenn man aufgrund des Bahnstreiks nicht am Arbeitsplatz erschiene und alles auf die Bahn schiebt. Und sich extra Frei nehmen, werden wohl auch die wenigsten. Was ich ebenfalls nachvollziehen kann.
      Die Möglichkeiten sind also nicht so dolle. Wahrscheinlich wird deshalb alles so bleiben wie es ist. Alle paar Wochen werden Bahnmitarbeiter oder irgendwer von der Fluggesellschaft streiken und die Kunden sind angearscht.
      Vielleicht habe ich dazu ja später noch eine erhellende Idee. 🙂 Man soll ja nie aufgeben.
      Liebe Grüße
      sanne

      Gefällt 1 Person

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