Rudyard Kipling: Kim

Der halbwüchsige Waisenjunge Kim wächst in Lahore, Indien auf. Seine Heimat sind die Straßen der Stadt. Charmant und gewitzt schlägt er sich durchs Leben. Als er auf einen alten Lama trifft, schließt er sich ihm kurzerhand an. Gemeinsam suchen die beiden nach ihrer jeweiligen Bestimmung: der Lama nach einem heiligen Fluss und Kim nach einem roten Stier auf grünem Grund, wie von seinem Vater vorausgesagt. Ihre Reise führt die zwei Gefährten quer durch Indien.

„Selbst heute noch stellen Fahrscheine und das Lochen derselben für Inder vom Lande eine finstere Tyrannei dar. Sie verstehen nicht, warum, nachdem sie für ein magisches Stück Papier Geld ausgegeben haben, Fremde daherkommen und große Löcher aus dem Zauberpapier stanzen.“ (Zitat Seite 308)

_KimKimball O´Hara ist ein irisch-stämmiger 13jähriger Waisenjunge. Obwohl bei einer Verwandten untergebracht, wächst er völlig frei von Zwängen auf den Straßen Lahores auf. Gewitzt und mit viel Charme schlägt er sich durch den Alltag. Er liebt die vielen Facetten der indischen Gesellschaft und ist sehr wandelbar. Je nachdem welche Kleidung er trägt, wird er als einheimisches Kind oder als Sahib wahrgenommen.
Während einer müßigen Stunde vor dem Museum der Stadt lernt Kim einen alten Lama kennen. Schon am nächsten Tag ziehen die beiden zusammen durch Indien. Der Lama sucht einen heilenden Fluss und Kim den ihm voraus gesagten roten Stier auf grünem Grund. Während der Lama auf spirituellen Pfaden wandelt, kümmert Kim sich um die weltlichen Angelegenheiten: Essen, Schlafplätze und Transportmöglichkeiten.
Viel zu bald treffen sie auf ein irisches Regiment, welches einen roten Stier auf grünem Grund im Wappen trägt. Kims Suche hat ein Ende. Er wird auf eine Schule geschickt und muss sich schweren Herzens vom Lama trennen. Schon kurz nach Beginn der Ausbildung entdecken verschiedene Menschen Kims Fähigkeit sich zu wandeln und auf den Straßen Indiens zu überleben. Fortan wird er für eine Karriere im Geheimdienst geschult und im Großen Spiel eingesetzt. Doch Kim kann den Lama nicht vergessen.

Ich habe Kim ins Herz geschlossen

Einmal mehr habe ich mich an ein Buch gewagt, das als Weltliteratur gilt. Das wusste ich vorher nicht und vermutlich ist das auch gut so. So habe ich das Buch unvoreingenommen gelesen und konnte eine wunderbare Lektüre genießen.
Wenn Kiplings Blick auf die Dinge auch seiner imperialistischen Sicht auf Indien entstammen mag, hat er es vermocht mich damit zu fesseln. Er ließ ein kunterbuntes Indien vor meinem geistigen Auge auferstehen, das mir richtig Lust auf dieses Land gemacht hat. Kipling schreibt so farbenfroh und lebendig, dass ich glaubte, wenn ich aus dem Fenster sähe, müsste ich das geschäftige Treiben sehen, den Staub einatmen und die Hitze spüren.
Vor allem aber habe ich Kim in mein Herz geschlossen. Dieser kleine freche Bengel, dem man alles verzeiht, weil er so ein hübsches Gesicht hat, weil er so charmant schamlos lügt und weil er einfach herzerfrischend ist. Umso schöner ist es, dass Kim trotz aller Widrigkeiten seinen unverhofften Schulbesuch doch genießt und nicht wie ich ursprünglich dachte, an all den Regeln zugrunde geht.
Überdies finde ich den Erzählstil sehr interessant. Die Geschichte reicht über mehrere Jahre. Manche Begebenheiten werden ganz genau geschildert und über manche geht der Erzähler recht schnell hinweg. Aber das ist so geschickt gelöst, dass es mir nicht negativ auffiel.
Neben der persönlichen Geschichte um Kim, geht es außerdem um Religion, Spionage und damit verbunden das sogenannte Große Spiel zwischen Russland und Großbritannien. Eine gewöhnungsbedürftige, aber sehr interessante Mischung.
Ich freue mich, dass ich nach den letzten beiden Reinfall-Büchern mit Kipling einen überaus guten Riecher hatte. Ich empfehle das Buch sehr gern weiter.

 

Autorenporträt

Rudyard Kipling, englischer Dichter, wurde am 30. Dezember 1865 in Bombay geboren und starb am 18. Januar 1936 in London. Er verbrachte seine ersten Lebensjahre in Indien, kam dann nach England und unternahm später Reisen in alle Weltteile. Im Jahre 1907 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Er veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte; am bekanntesten wurden die Tiergeschichten der beiden ›Dschungelbücher‹ und der Roman ›Kim‹.

Andreas Nohl wurde 1954 in Mülheim an der Ruhr geboren. Seine Übersetzungen u.a. von Mark Twains Tom Sawyer & Huckleberry Finn und Rudyards Kiplings Dschungelbuch wurden von der Presse hochgelobt. Zuletzt erhielt er den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis.

Buchinfo
„Kim“ von Rudyard Kipling, Hrsg. Andreas Nohl, erschienen bei dtv
Taschenbuch: 520 Seiten, € 12,90, ISBN: 978-3-423-14575-6

Quellen
Bild/Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

 

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