24. Oktober 2015
Wie üblich werde ich pünktlich abgeholt und zu einem kleinen Tauchshop in Puerto Ayora gebracht. Es ist kurz nach 9Uhr und die Straßen sind wie ausgestorben. Zwei weitere Teilnehmer treffen ein – ein junges Paar aus Schweden. Im Shop wird uns die Schnorchelausrüstung angepasst. Dazu gehören nicht nur Taucherbrille, Schnorchel und Schwimmflossen, sondern man nötigt uns auch in einen Neoprenanzug. Eine unsägliche Peinlichkeit für mich. Gottseidank sind wir nicht so viele und gottseidank sind keine Männer in der Nähe die mich interessieren. Oder überhaupt jemand der mich kennt. Ich verkneife mir darob auch die Peinlichkeit mich darin fotografieren zu lassen.
Als ich endlich in diesem Scheiss-Anzug drin bin, muss ich auch schon wieder raus. Weil wir nämlich noch 1h Autofahrt vor uns haben. Und ja, da möchte ich das Ding tatsächlich nicht anhaben. Das heißt aber auch, dass ich dieses nervige Teil nachher auf einem schwankenden Boot anziehen muss. Yeah!
Blaufusstölpel auf der Jagd
Der Hafen von dem wir unseren Ausflug starten liegt auf der anderen Seite der Insel Santa Cruz. Dort angekommen, stoßen wir zu weiteren zwei Teilnehmerinnen der Tour sowie auf unseren Guide und den Bootsfahrer. Der Guide wirkt eher gemütlich, um nicht zu sagen zurückhaltend motiviert.
Außerdem sind hier dutzende Blue-Footed-Boobies auf der Jagd. Einen beim Fischen zu beobachten ist schon toll, einen Gruppe von fünf oder sechs Tieren ist sehr beeindruckend. Aber an die hundert Vögel, die synchron im Flug beidrehen und gleichzeitig wie Pfeile ins Wasser stoßen, sind der absolute Wahnsinn. Das ist unbeschreiblich.
Mit dem Boot sind es noch einmal ca. 45Min bis zum Schorchelziel Daphne Mayor. Auf dem Weg dorthin sehen wir auch einige Delphine. Allerdings in einiger Entfernung und kaum sieht man hin, sind sie auch schon wieder weg. Während die anderen, gelenkigeren Mitfahrer sich auf das Vorderdeck manövrieren, begnüge ich mich mit dem Platz am Heck.
Angst, Respekt, Begeisterung und Neugier – Schnorcheln im großen Pazifik
Schließlich heißt es sich erneut in den Neoprenanzug quetschen. Es klappt besser und schneller als befürchtet. Vor uns liegt ein kleiner Felsen auf dem ein Seelöwe sitzt und ein paar Boobies. Das muss dann wohl Daphne Menor sein. Vom Guide erfahren wir, dass wir nun schorchelnd diesen kleinen Fels umrunden und dass wir auf den Seelöwen achten sollen.
Danach kommt wieder der ungeliebte Sprung ins Wasser. Klappt dieses Mal auch ganz gut. Die beiden Schweden schnorcheln zum ersten Mal, aber kommen prima zurecht. Auch die 4. Teilnehmerin hat keine Probleme. Nur Nr. 5 ist wohl etwas ängstlich, denn sie kriegt einen Rettungsring an dem sie sich festhalten kann. Und der Guide weicht ihr nicht von der Seite. Wir anderen bleiben so eher uns selbst überlassen.
Mit all dem Wasser um mich herum ist mir etwas mulmig. Doch auch hier nimmt mich die Unterwasserwelt bald gefangen. Unzählige Fische tummeln sich an den Felsen unter mir. Irgendwo dort soll auch ein Hai liegen, doch ich kann ihn nicht erkennen. Der Seelöwe bleibt auf seinem Felsen und gesellt sich nicht zu uns. Auch die Vögel bleiben auf dem Stein hocken. Langsam umrunden wir die kleine Insel im Wasser. Es gibt so viel zu entdecken, was ich hier gar nicht schreiben oder in Worte fassen kann. Denn ich kenne die Namen der Fische nicht und das Gefühl ist auch schwer greifbar. Eine Mischung aus Angst, Respekt, Begeisterung und Neugier.
Wieder ist es die Strömung, die mir viel Respekt einflößt. Und sobald die Felsen nicht mehr in Sicht sind und ich nur noch blau-grün sehe, kriege ich Angst, weil völlig die Orientierung fehlt. Dann tauche ich schnell auf, um zu schauen wo ich bin bzw. wo die anderen und vor allem das Boot sind.
Auch hier habe ich leider kaum Fotos vom Ausflug und leider erst recht keine von der Unterwasserwelt. Daher hab ich einfach noch mal ne Suche gestartet. Bild 2 und 3 der ersten Reihe und Bild 1 und 3 der zweiten Reihe kann ich auf jeden Fall bestätigen. 😉
Die Banane bekommt mir nicht
Nach geschätzten 45 – 60 Minuten geht’s zurück aufs Boot. Gottseidank haben die auch eine kleine Leiter und mit Hilfe des Guides hieve ich mich über die Reling. Kaum tuckern wir weiter zur nächsten Felseninsel, verteilt der Guide Bananen. Unter dem Eindruck ich könnte nun einen Kohlenhydrateschub vertragen, nehme ich dankend an. Danach habe ich das Gefühl dies könnte ein Fehler gewesen sein. Beim langsamen Umfahren der Felseninsel Daphne Mayor schwankt das Boot ziemlich. In meinem Magen fängt es an zu grummeln und er schwankt fröhlich mit. Auf den Reiseübelkeitskaugummi verzichte ich aus lauter Sturheit trotzdem. Es wäre echt peinlich jetzt die Fische mit Banane zu füttern.
Ein bisschen Fotografieren soll mich ablenken. Besonders viele oder schöne Bilder werden es nicht. Dafür wackelt es zu sehr und die Insel besteht nun mal nur aus Lavastein. Die darauf hockenden Vögel sind viel zu weit entfernt, als das ich von denen mit meiner Digitalkamera ein anständiges Foto machen könnte. Nur per Fernglas kann ich auch den ein oder anderen Jungvogel im Nest entdecken.
Die Banane nörgelt immer noch in meinem Magen, als wir schon am nächsten Schnorchelpunkt angekommen sind. Den Neoprenanzug haben wir ohnehin alle angelassen, also muss ich nur den Reissverschluss wieder schließen (lassen). Hoffentlich kotze ich nicht in meinen Schnorchel, wenn ich auf dem Bauch im Wasser liege. Nach wie vor unelegant lasse ich mich ins Wasser plumpsen. Dieses Mal sind wir nur zu viert. Weder der Guide kommt mit, noch die junge Frau, die einen Rettungsring braucht. Uns anderen wird nur erklärt wo die Strömung ist und dass wir uns mit ihr treiben lassen können.
Der 2. Schnorchelspot Daphne Mayor
Los geht es also. Wir schnorcheln ziemlich nah am Ufer. Von dort erstrecken sich die Felsen unter Wasser leicht abfallend zwischen 5 und 10 Meter. Danach geht es steil nach unten, ins Nichts. Sprich, ich sehe den Boden nicht und es gibt nur noch Wasser. Noch immer extrem beängstigend.
Überall dort aber wo Felsen sind, tummeln sich auch viele Fische. Es ist unbeschreiblich als eine Fischart in einem größeren Schwarm auftaucht. 50 oder 60 Fische von gleicher Gestalt gleiten da durchs Wasser. Lassen sich teilweise mit der Strömung treiben, bewegen sich beinahe synchron. Es ist unglaublich schön. Ich versuche immer wieder es ihnen gleich zu tun und mich auf die Strömung einzulassen. Aber dabei gerate ich immer wieder – für meine Begriffe – zu dicht ans Ufer und damit auch an die Felsen unter der Oberfläche. Ich habe Schiss mich zu verletzen. Nachher blute ich und dann kommt ein Hai und … neee, muss nicht sein.
Etwas entfernt, dort wo es ins bodenlose geht, kann ich einen weiteren Fischschwarm erkennen. Aber der ist nicht bunt, sondern schillert nur silbern. Zwar neurierig traue ich mich aber nicht, ihm hinterher zu schwimmen. Er ist ohnehin zu weit unten. Und tauchen traue ich mich auch nicht. Ich bin ein ganz schöner Schisser, was?
Die Übelkeit ist vergessen
Ich kotze übrigens nicht in den Schnorchel oder speie auf die Fische unter mir. Sobald ich im Wasser bin, ist die Übelkeit quasi vergessen. Logisch irgendwie, ich bin vom schwankenden Boot runter. Irgendwann aber wird mir trotz des Neoprens kühl. Außerdem merke ich, dass auch meine Kräfte nachlassen. So ein wenig anstrengend ist es schon. Das Boot ankert ein Stück entfernt und ich mache mich auf den Weg. Immer wieder auftauchend, um die Richtung zu korrigieren, kostet es mich einige Mühe und Konzentration die Strecke zu Schwimmen. Ich bin froh, als ich endlich die Leiter erkennen kann.
Nachdem ich mich der Flossen und der Schnorchelausrüstung entledigt habe, braucht es zwei Versuche, mich in das Boot zu bugsieren. Ich zittere vor Anstrengung am ganzen Körper. Ohne Uhr kann ich nur schätzen, aber auch hier habe ich etwa eine Stunde im Wasser verbracht. Nur das Schweden-Paar ist noch im Wasser, kommt aber auch wenig später zum Boot.
Wir nehmen wieder Fahrt auf … und es gibt was zu essen. Keine Banane dieses Mal, sondern eine Plastikdose mit warmem Reis, Huhn und Gemüse. Es ist auch lecker, aber ich habe sowas von keinen Hunger. Ein paar Bissen esse ich trotzdem und gebe es dann zur weiteren Aufbewahrung zurück an den Guide.
Wir bekommen auch eine kleine eingeschweißte Karte auf der die Fische von Galapagos abgebildet sind. Gemeinsam schauen wir – also die Schweden und ich – welche wir gesehen haben. Mal sehen, ob ich in den Weiten des Internet eine solche Karte auftreibe, um Euch auch zu zeigen, welche Fische mir begegneten.
Ausgesetzt am Strand
Dann werden wir ausgesetzt. Buchstäblich. An einem kleinen einsamen Strand sollen wir die Gelegenheit haben uns eine Stunde selbst die Zeit zu vertreiben. Sonnenbaden, Schwimmen oder nochmal am Ufer schnorcheln, whatever. Danach würden wir wieder aufgesammelt. Erfreulicherweise bleibt das Boot auch in Sichtweite. Ich vermute Bootsführer und Guide wollen ein kleines Nickerchen halten.
Ein einzelner Seelöwe spielt im seichten Wasser. Voller Begeisterung schnorchle ich in seine Richtung und er kommt mir entgegen. Als wir uns „treffen“ ist es leider ein kurzes Vergnügen. Er zischt an mir vorbei und zeigt keinerlei Interesse. Auch bei der zweiten Begegnung läuft es nicht anders. Anschließend ist er verschwunden. Aber trotzdem, ich habe einen Seelöwen mal unter Wasser gesehen.
Danach schnorchle ich noch ein wenig weiter um die Lavafelsen im seichten Wasser. Hier scheint die Babystube der Fische zu sein. Vor allem von denen die ich als Kugelfische bezeichne, aber die vermutlich gar keine sind. Aber sie sehen halt so ähnlich aus. Manche von den Größeren kommen auch ganz dicht ran und gucken neugierig. Sie sehen ganz zart aus, fast durchsichtig. Vor allem die kleinen Fische. Mal sehen ob ich auch von denen ein Bild finde. Sogar wenn man nur mit den Füßen im Wasser steht, umschwimmen sie einen und man kann sie beobachten.
Das Schwedenmädel liegt im Sand in will sich sonnen. Dumm, dass es ausgerechnet jetzt beginnt zu tröpfeln. Keine Sonne. Ihr Freund macht unbeirrt unter-Wasser-Fotos und legt sich dann zu ihr. Und die anderen beiden Mädels veranstalten ein ausgiebiges Bikini-Fotoshooting.
Zurück zum Hafen
Irgendwann scheint die Stunde rum zu sein und das Boot holt uns wieder ab. Es geht zurück zum Hafen. Mein Essen kriege ich immer noch nicht runter, also isst es der Guide. Ich ärgere mich, dass ich nicht richtig erklären kann, warum ich es nicht selber esse; dass es nichts mit dem Essen zu tun hat, sondern mit der Verfassung meines Magens.
Vom Hafen aus geht es – nachdem ich wieder trockene Klamotten anhabe – mit dem Auto zurück nach Puerto Ayora. Es regnet unterwegs. Ich gebe dem Schwedenpärchen meine Visitenkarte mit der Bitte, mir doch evtl. ein paar der Unterwasseraufnahmen zu schicken. Leider habe ich (bisher) keine bekommen. Schade.
Abendessen im Angermeyer Waterfront Inn
Am Abend will ich endlich zum Angermeyer und dort zu Abend essen. Im Waterfront Inn bin ich auf der Terrasse des Restaurants der erste Gast. Die Plätze direkt am Wasser sind bereits für Hotelgäste reserviert. Ich lasse es mir trotzdem heute gut gehen. Das Essen ist lecker und ich will mit einer Tasse Kaffee abschließen. Es dauert ungewöhnlich lange und ich frage mich schon, was um Himmels Willen die machen, als ich gleich eine ganze Kanne Kaffee bekomme. Eine ganze Kanne – macht drei Tassen – von diesem überaus starken Gebräu. Halleluja.
Aber ich habe ja Zeit und während ich mich um den Schlaf trinke, schreibe ich wie jeden Abend Postkarten und mein Reisetagebuch. Zwischendurch schaue ich mich auch in der Rezeption des Hotels um. Denn das ist das ehemalige Haus von Gusch Angermeyer. (Die Geschichte der vier Brüder hab ich ja schon erwähnt.) Er hat es nur aus Lavasteinen gebaut und es sieht wunderbar urig und heimelig aus. Ein Ort zum Wohlfühlen.
Meine brennenden Waden treiben mich schließlich zurück ins Hotel. Erst jetzt kommt der heftige Sonnenbrand so richtig zur Geltung. Meine Waden sind feuerrot und die Haut spannt so, dass ich meine sie würde gleich aufreißen. Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, meine Unterschenkel beim Schnorcheln einzucremen. Hatte ich ja morgens schon gemacht. Dass Wasser und die fiese Äquatorsonne (auch hinter Wolken) eine solche Wirkung haben könnten, damit habe ich nicht gerechnet. Das ganze Ausmaß dieses Sonnenbrandes werde ich in den nächsten Tagen noch zu spüren bekommen. Beim Liegen, Stehen und Sitzen.
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