Ignaz und Zacharias Buchmann sind Brüder. Um dem Militärdienst im Dritten Reich zu entkommen, flüchten die jungen Männer. Ihr Ziel: eine Berghütte, in der sie Geschichten schreiben wollen, die dann als Buch veröffentlicht werden und sie wollen gemeinsam in einem Wal leben – wie Jonas im Buch. Doch natürlich kommt alles anders. Ignaz und Zacharias werden getrennt. Nur Zacharias überlebt den Krieg. Er bemüht sich, das Versprechen, das er einst seinem Bruder gab, zu erfüllen.
Lieblingssatz: „Sie benutzten heute Nacht das breite rote Canapé mit den quietschenden Federn. So stöhnte die Federung mit den übertriebenen Lustschreien der Nutten um die Wette, während sie das Auf und Ab der sexuellen Übereinkunft vertikal zu unterstützen suchte.“
Mit gerade einmal 10 Jahren zieht August Buchmann zu seinem Großvater Zacharias. Dieser lebt als Eigenbrötler in einem selbstgebauten Haus, das wie ein Wal aussieht. Obwohl sich die beiden nicht kennen, entdecken sie sehr schnell eine Gemeinsamkeit: ihre Liebe zu Büchern. Zacharias hat extra ein kleines Haus für all die Bücher voller Fantasie und Märchen gebaut.
Nach Jahren des Zusammenlebens verschwindet der alte Zacharias von heute auf morgen. August bleibt allein zurück. Er ist ratlos, denn nie hat Zacharias übers Weggehen gesprochen, genauso wenig über seine Vergangenheit oder Familie.
August ist ebenso ein Einzelgänger wie sein Großvater. Und ebenso wie dieser ist er Zielscheibe von Spott, Hohn und Beschimpfungen. Sowohl in der Nachbarschaft als auch bei seiner Arbeit als Buchbinder. Jahrelang nimmt er die grausamen Streiche, die Gemeinheiten, Schläge und Erniedrigungen von Nachbarn und Arbeitskollegen hin. Als jedoch ein Brandanschlag auf seine heißgeliebten Bücher verübt, sein Herz gebrochen und auch sein Haustier getötet wird, schlägt August zurück. Auf äußerst kreative und drastische Weise. Anschließend macht er sich auf den Weg, um seinen Großvater zu suchen. Er vermutet Zacharias in einer Hütte in den Bergen. Die Polizei ist ihm allerdings auf den Fersen.
Parallel zu den dramatischen Ereignissen um Augusts Rachefeldzug und Flucht machen sich Joseph und Olsen auf den Weg in die Berge. Dort sollen sie sich Inspiration für die Illustration von Märchen holen. Die beiden Nordlichter geben sich redlich Mühe, um in den Bergen und vor allem vor den Augen der Einheimischen zu bestehen. Auf einer einsamen Wiese campen die beiden unerfahrenen Männer. Nach dem Konsum eines Joints und frisch gepflückter Pilze stehen sie allerdings am Morgen danach vor einer Leiche. Da ist guter Rat teuer.
Ein Auf und Ab
Dieses Buch war für mich ein einziges Auf und Ab. Einige Seiten Spannung, dann wieder Flaute, wenn nicht gar Langeweile – einige Seiten Spannung, dann wieder Flaute/Langeweile… etc.
Besonders gefallen haben mir Sprache, Schreibstil und Ausdruck. Das war kreativ, unterhaltsam und frisch. Personenbeschreibungen und Landschaften werden schön und detailreich beschrieben. Das macht es einfach, sich den Protagonisten gegenüber zu sehen. Im Großen und Ganzen ist das Buch also gut. Die Story war für mich eher durchwachsen. Die Idee an sich ist gut, hatte für mich aber einige Längen. Ich war immer wieder hin- und hergerissen. Bei all den Schilderungen der Schikanen um August, war ich wirklich betroffen und dachte „Er muss sich doch jetzt endlich mal wehren!?!“ Als er dann zum Rundumschlag ansetzte, war ich von den drastischen Methoden aber auch wieder nicht so begeistert – auch wenn sie von Einfallsreichtum sprachen.
Auch der Schluss hat mich nicht wirklich zufrieden gestellt. Wie so oft könnte ich nicht genau benennen wieso. Am Ende hatte ich einfach das Gefühl, da müsste doch jetzt noch was kommen.
Alles in allem bin ich jedoch positiv überrascht. Der verheißungsvoll gemeinte Hinweis „Vom Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller“ auf dem Buch wirkt auf mich persönlich eher abschreckend. Ich verbinde mit den Sportfreunden grässliche Stimmen und noch grässlichere Liedtexte. Insofern war das Buch also wirklich eine positive Überraschung. Und ich habe auch etwas übers Anderssein und Mobbing gelernt. Ein nachdrückliches „Muss man lesen.“ will mir aber dazu trotzdem nicht über die Lippen kommen.
Autorenporträt
Florian Weber, geboren 1974 in Schrobenhausen, Bayern, ist Schlagzeuger und Texter der Sportfreunde Stiller, die u.a. mit dem Album »MTV Unplugged in New York« die deutschen Charts stürmten. Mit Liedern wie „Ein Kompliment“ und dem WM-Song „54, 74, 90, 2006“ gehört die Band mittlerweile zu den bekanntesten in Deutschland. Sein Roman „Grimms Erben“ erschien 2012 bei Metrolit.
Buchinfo
„Grimms Erben“ von Florian Weber, erschienen bei Aufbau Taschenbuch
Taschenbuch: 416 Seiten, € 12,99, ISBN: 978-3-7466-3060-1
eBook: Format: ePub ohne DRM, 414 Seiten, € 9,99, EAN: 9783849300012
Quellen
Bild: www.aufbau-verlag.de /Text (außer Autorenporträt): Susanne