Ada Dorian: Betrunkene Bäume

Ein junges Mädchen, von Zuhause weggelaufen, in Eigensinn und Wut gefangen. Ein alter Mann, der sein Zuhause nicht aufgeben will, beherrscht von Erinnerungen. Ungleiche Menschen die einander begegnen und sich aufeinander einlassen. Eine Verbindung entsteht in der beide lernen und wachsen.

Betrunkene BäumeKatharina. Jung und eigensinnig. Von Zuhause weggelaufen, weil der Vater nach Russland ging und die Mutter so ein trauriges Dasein fristet. Sie geht nicht mehr zur Schule, obwohl die Prüfungen für das Abi kurz bevorstehen. Nach ein paar Nächten auf der Straße, bietet ihr ein Bekannter einen Unterschlupf an. Nicht umsonst versteht sich. Aber wie soll Katharina ohne Job das Geld auftreiben?
Erich. Alt und eigensinnig. Klammert sich an sein Zuhause und seine Eigenständigkeit. Obwohl das Augenlicht schwächer wird und auch die Beine müde sind. Der Weg aus dem 5. Stock ist beschwerlich. Seine Tochter Irina drängt ihn immerzu in ein Heim zu gehen. Schließlich drückt sie ihm eine Pflegerin aufs Auge. Und einen Rollator. Sein neues Auto, sagt sie süffisant. Ein bisschen vergesslich ist er geworden, zugegeben. Und mit der Sauberkeit klappt es auch nicht so recht. Vor allem das Schlafzimmer schützt er vor Irinas Blicken. Sie würde es nicht verstehen.
Kurzerhand bestellt Erich die Pflegerin ab und engagiert stattdessen Katharina, die gegenüber wohnt. Einkaufen und Putzen soll sie. Und kochen was er will. Für Katharina bietet sich neben der Möglichkeit Geld zu verdienen auch die Gelegenheit mehr über Russland zu erfahren. Denn Erich war schon dort, wo auch ihr Vater jetzt ist: Sibieren.

Die Lektüre lohnt sich

Das Buch steht zugegeben schon länger in meinem Regal. Seit der Frankfurter Buchmesse 2016. Bisher habe ich mich ein wenig gescheut es zu lesen, hatte keine große Lust darauf. Obwohl der Titel „Betrunkene Bäume“ doch interessant klingt.
Nun habe ich es doch endlich gelesen und die Lektüre hat sich gelohnt. Das Buch hat mir gefallen, auch wenn es einige Dinge gibt, die mich stören.
Vor allen Dingen mag ich die Sprache und den Schreibstil. Ada Dorian hat so ein gewisses Etwas in ihrer Schreiberei, dass ich kaum benennen kann, aber das mir sehr gefällt. Sowas wie Poesie.
Was sich mir nicht ganz erschließt, sind die Beweggründe von Katharina. Und auch wie die Beziehung zwischen ihr und Erich so eng werden konnte in dieser scheinbar so kurzen Zeit. Damit einhergehend mein üblicher Jammergrund: die fehlenden Zeitangaben. Denn der Leser verfolgt nicht nur Erich und Katharina in der Gegenwart. Nein, Erich ist auch immer wieder in der Vergangenheit in Russland. Außerdem wäre da noch Wolodja, ebenfalls in Russland, aber eben auch in der Vergangenheit. Gemäß dem Titel des Buches hatte ich den Eindruck die Geschichte taumelt hier hin und her. Das ist nicht mein Fall.
Trotzdem: Das Buch hat mir gefallen. Diese Verbindung zwischen Jung und Alt. Auch der Umgang mit älteren Menschen in der Familie, das Unverständnis, die Hektik. Alles auch ein bisschen der moralische Zeigefinger.

 

Autorenporträt
Ada Dorian, geboren 1981, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie. Sie forschte in Osnabrück über Erich Maria Remarque, wo sie nach langem Aufenthalt in Hamburg lebt. Sie gewann den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg 2009, ist Trägerin des Literaturstipendiums des Landes Niedersachsen 2016 und war nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016.

Buchinfo
„Betrunkene Bäume“ von Ada Dorian, erschienen bei Ullstein Fünf
Hardcover: 272 Seiten, € 18,00, ISBN-13 9783961010011
eBook: ePub, 272 Seiten, € 14,99, ISBN-13 9783843714723

Quellen
Bild / Autorenporträt: www.ullsteinbuchverlage.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

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