Meredith Russo: Als ich Amanda wurde

Bei ihrem Vater will Amanda ein neues Leben beginnen. Dort wo niemand sie und ihre Vergangenheit kennt, erfährt sie erstmals was es heißt Freunde zu haben, bewundert zu werden und sich zu verlieben. Doch ihr Geheimnis plagt Amanda nach wie vor. Sie hat das Gefühl alle zu belügen.

_Als ich Amanda wurdeAlles was Amanda möchte ist, ihren Schulabschluss in Ruhe machen, um anschließend studieren zu können. Der Neuanfang bei ihrem Vater scheint ihr dies zu ermöglichen. Seit sechs Jahren hat sie ihn nicht gesehen, niemand hier kennt sie. Vor allem aber kennt niemand ihre Vergangenheit.
Denn Amanda wurde als Andrew geboren. Doch schon bald fühlte sie sich unwohl in ihrem Körper und mit den Anforderungen, die man an sie als Jungen stellte. Die Ehe der Eltern zerbrach und nach einem Suizidversuch wurde endlich festgestellt, worunter Amanda litt – die sogenannten Genderdysphorie: Andrew fühlte sich mit seinem körperlichen Geschlecht nicht im Einklang.
Nach Jahren mit Hormontherapie und der schlussendlichen Geschlechtsangleichung, erfüllte sich für Amanda der Traum, sich äußerlich so zeigen zu können, wie sie sich innerlich fühlte. Und mit dem Ortswechsel beginnt ein völlig neues Leben.
In der neuen Schule erfährt sie Bewunderung und findet schnell Freundinnen. Sogar die Jungen interessieren sich für sie. Ganz besonders der charmante Grant, dem Amanda nicht lange widerstehen kann.
Und obwohl Amanda ihre neue Beliebtheit genießt, macht ihr Geheimnis ihr zu schaffen. Aus Angst vor Unverständnis, Mobbing und tätlichen Angriffen will sie niemandem von ihrem früheren Ich erzählen. Und doch möchte sie ihren Freundinnen und vor allem Grant gegenüber ehrlich sein.

Romantisches Buch voller neuer Entdeckungen

Obwohl das Buch dem Titel nach nicht ganz das war was ich erwartet hatte, bin ich doch sehr begeistert. Vielleicht hätte ich den Klappentext besser lesen sollen.
Es wird nicht wie ich dachte, erzählt wie Amanda ein Mädchen wurde. Dazu finden sich eher unchronologische Rückblicke im Laufe des Buches. Doch diese Rückblicke behandeln auch Amandas Leben als Kind und die Ereignisse in ihrer Familie, bevor irgendjemand auch nur weiß was das Wort Geschlechtsidentitätsstörung bedeutet.
Aber das macht im Grunde gar nichts. Die Geschichte um Amandas Neuanfang gefällt mir sehr. Immer wieder erfährt der Leser wie sehr sich das Leben der jungen Frau verändert hat, was sich zum positiven gewandt hat. Gemeinsam mit Amanda schließt man Freundschaften und erfährt Zuneigung von einem Jungen, statt Mobbing und Schläge. Es ist schön zu lesen, wie Amanda aufblüht.
Aber man erfährt auch wie zwiegespalten sie ist. Einerseits wünscht sie sich nichts mehr als eben als Mädchen erkannt zu werden und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Und doch hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sie dieses Geheimnis hat und doch ehrlich zu den Menschen die ihr Vertrauen schenken sein will. Ein ziemliches Dilemma. Und ich war sehr gespannt, wie vor allem Grant darauf reagieren würde. Denn das am Ende alles raus kommt, stand für mich außer Frage.
Das Thema Transgender interessiert mich generell und daher habe ich mich für das Jugendbuch entschieden. Ich konnte es denn auch kaum aus der Hand legen. Und auch wenn ich ganz begeistert bin von der Lektüre, hätte ich mir gewünscht, dass mehr zum Weg der Geschlechtsangleichung erzählt worden wäre. Aber hier sollte es vermutlich mehr um das Leben danach gehen und wie Amanda auch sich selbst und ihr Geschlecht besser kennenlernt.
Alles in allem ein sehr schönes Buch voller Romantik und neuer Entdeckungen. Ich empfehle es sehr gern weiter.

 

Zusatz-Geblubber
Mir ist ein bisschen schleierhaft, warum mich das Thema der Geschlechtsidentität so interessiert. Ich fühle mich weder im falschen Körper – zumindest geschlechtlich gesehen – noch gibt es im Familien- oder Bekanntenkreis jemanden, der so empfindet. Vielleicht liegt es einfach an meinem Faible für Menschen, die anders, besonders sind und meine Neugier darauf, wie sie ihr Leben meistern.
Bis zu einer Doku-Soap auf TLC namens „Ich bin Jazz“, hatte ich zwar schon mal von Transvestiten, Travestie, Transsexualität und Transgender gehört. Aber ich hatte keine Ahnung ob und wo der Unterschied liegt. Noch heute ist mir vieles nicht klar. Aber die Serie um den Teenager Jazz, die als Junge geboren wurde, jedoch seit dem Kindergarten als Mädchen lebt, hat mich sehr fasziniert. Nicht nur Jazz´ Entwicklung und ihr Engagement, sondern auch wie ihre Familie damit umgeht.
Dass nun in diesen Tagen, da ich die Rezension schreibe, vom Bundesverfassungsgericht beschlossen wurde, dass rechtlich ein drittes Geschlecht berücksichtigt werden muss, finde ich unheimlich toll. Und ich bin gespannt was die Zukunft in dieser Hinsicht noch bringt.

 

Autorenporträt
Meredith Russo lebt mit ihrer Frau und ihren zwei Kindern in Chattanooga/Tennessee. Ihre eigenen Erfahrungen als Transgender-Frau hat sie in ihr Debüt ›Als ich Amanda wurde‹ einfließen lassen. Wie ihre Protagonistin Amanda ist auch Meredith Russo ein großer Star Wars- Fan und verbringt ihre Freizeit gerne mit Comics und Videospielen.

Buchinfo
„Als ich Amanda wurde“ von Meredith Russo, erschienen bei dtv junior
Taschenbuch: 304 Seiten, € 10,95, ISBN: 978-3-423-71749-6
eBook: ePub, 304 Seiten, € 8,99, ISBN 978-3-423-43233-7

Quellen
Bild/Autorenporträt: www.dtv.de / Text (außer Autorenporträt): Susanne

 

3 Gedanken zu “Meredith Russo: Als ich Amanda wurde

    • Hallo,

      ja, das habe ich mich auch schon gefragt. Viel ist leider nicht zu erfahren. Und ich hab noch nicht rausgefunden, wann weitere Folgen von „Ich bin Jazz“ kommen.

      Viele Grüße
      Susanne

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