Blumen auf den Straßen – Corpus Christi in La Orotava

In La Orotava ist erwartungsgemäß die Hölle los. Obwohl die religiösen Spanier mich für diese Blasphemie vielleicht lynchen würden. Ich habe Mühe bei all den Autos und vor allem Bussen einen Parkplatz zu bekommen. Schließlich gelingt es mir. Ich folge dem steten Strom an Touristen und bin mir sicher, die führen mich genau dahin wo ich hinwill. Und recht habe ich.

Das Rathaus von La Orotava

Das Rathaus von La Orotava

Das Zentrum der Feierlichkeiten – das Rathaus – liegt sehr hoch, die Straßen sind recht steil. Je näher wir dem Rathaus kommen, desto mehr Menschen drängen sich. Bald sind die Straßen abgesperrt mit Bändern. Man kann nur noch rechts und links auf den schmalen Bürgersteigen laufen. Die Straßen selbst werden von den Künstlern okkupiert.
Es sind Bilder in verschiedenen Stadien der Entstehung zu bewundern. Mit Hilfe von verschieden-farbigem Sand, grünen Blättern, kleinen Zweigen, roten, gelben, weißen … allerlei bunten Blütenblättern werden verschiedenste Bilder auf dem Boden ausgelegt. Die Motive reichen von religiösen Darstellungen, über geometrische Muster, verschnörkelte Fantasiebilder bis hin zu Blumendarstellungen. Es arbeiten oft mehrere Menschen an einem Bild. Alle Altersklassen sind vertreten. Manche arbeiten freihändig, andere haben extra eine Schablone angefertigt.
Es ist extrem beeindruckend, was da gezaubert wird. Die Farben leuchten von unten herauf. Mal in kunstvoller, mal in ganz schlichter Darstellung präsentiert. Viele besprühen ihre Bilder aus einem Zerstäuber mit Wasser. Damit zum einen bei einem Windhauch nicht gleich alles wegweht und zum anderen, damit die Blüten nicht austrocknen.
Mein persönlicher Favorit ist ein großes Gemälde: Vor einem weißen Hintergrund, der im unteren Bereich ins orange übergeht, sieht man als schwarze Silhouette einen knienden Mann betend vor einem großen Kreuz. Es wirkt schlicht und kraftvoll, sehr ausdruckstark.

Das mittlere Bild vom 1. Stock des Rathauses betrachtet

Das mittlere Bild vom 1. Stock des Rathauses betrachtet

Wie gemalt

Vorbei an den unzähligen Bildern lange ich schließlich am Rathaus an. Der Rathausplatz ist abgesperrt. Auch ihn ziert ein riesiges Bild nur aus Sand. An den Fenstern im 1. Stock des Rathauses drängen sich Menschen, die das Sandgemälde von oben im Gesamten betrachten. Ich reihe mich in die Menge vor der Tür ein und darf nach gar nicht so langer Wartezeit ebenfalls in den 1. Stock.
Dieses riesige religiöse Bild zu sehen ist wirklich beeindruckend. Ich kann kaum glauben, dass es nur aus farbigem Sand besteht. Es sieht aus wie gemalt. Ich kann mich gar nicht satt sehen, so viele Details gibt es. Doch man ist angehalten nicht ewig die Fenster zu blockieren, weil ja noch andere ebenso gucken wollen. Nach genügend Bewunderung und Fotos ziehe ich mich also zurück und schaue mich noch ein wenig im Rathaus um. Zumindest dort, wo man noch hin darf. Am Ende wird man quasi zur Hintertür wieder rausgeworfen. Das ist nicht weiter schlimm, denn dort wartet ein hübscher Garten. Leider ist ein Großteil davon abgeschlossen, aber ich laufe drum herum. Dabei entdecke ich auch dort ein schönes Drachenbaumexemplar. Und einen Bananenbaum mit einem grotesk aussehenden, langen und hängendem Gebilde. Später werde ich erfahren, dass es die Blüte der Bananenpflanze ist, aus der dann irgendwann die Bananen wachsen.

Mein Lieblingsbild

Mein Lieblingsbild

Endlich finde ich irgendwo auch eine Toilette und anschließend etwas zu Essen. Der Rückweg führt mich wieder durch den Nationalpark. Erneut staune ich über die vielfältige Landschaft dieser Vulkaninsel. Die Mondlandschaft Vilaflor finde ich aber wieder nicht. Es soll wohl nicht sein. Ich habe ganz ehrlich auch keine große Lust zum Suchen.

Ich will auch!!! Ich will auch!!!

Im Hotel gibt es ein leckeres Abendessen. Und weil es noch früh am Abend ist, gehe ich zum Strand. Dort befindet sich ein größerer Felsen, von dem aus sich der Sonnenuntergang gut ansehen lässt. Ich schnappe mir aus meinem privaten Vorrat eine Dose Bier, meine Digicam und klettere auf den Felsen. Ich bin fast alleine hier oben. Es ist so schön friedlich. Von Ferne hört man leise die Geräusche des Hotellebens. Viel näher ist das Rauschen des Meeres und das Schäumen der Wellen, die unter mir gegen den Felsen schlagen. Stundenlang könnte ich zusehen, wie das Wasser sich am Stein bricht und in Millionen großer und kleiner Tropfen zerbirst. Dazu die still untergehende Sonne am Horizont. Immer wieder verdeckt von trüben Wolkennebeln.

Hihihi ... mein Lieblingsmoment des Urlaubs

Hihihi … mein Lieblingsmoment des Urlaubs. Sieht man, oder?

Als das Schauspiel vorbei ist, schaue ich mal, was die Animation heute zu bieten hat. Es ist noch nicht 21 Uhr und die Kinderanimation läuft noch. Meine Augen werden groß als ich sehe, was sie denen zeigen, während die Erwachsenen immer so biederes Zeug zu sehen kriegen. Die Kids hatten heute eine Papageien-Show! Gerade sind sie am Ende angelangt. Ein Fotograf geht mit einem Gelbbrust-Ara und einem Kakadu durch die Reihen der Kinder. Jeweils eins darf den auf dem Rücken liegenden Ara halten, während das daneben sitzende Kind den Kakadu auf die Schulter gesetzt bekommt. Ich werde ganz aufgeregt. Ich will auch!!! Ob die das nur bei den Kids machen?
Ich setze mich auf einen freien Platz im Zuschauerraum. Und warte ungeduldig. Sie gehen tatsächlich auch zu den Erwachsenen. Hihi.  – Mensch, während ich das Schreibe und die Erinnerung hoch kommt, fange ich schon wieder an blöde zu kichern vor Freude. – Die meisten Erwachsenen lehnen ab. Ich natürlich nicht. Weil ich alleine bin, kriege ich beide Vögel – den Ara in die Hände und den Kakadu auf die Schulter. Der Vogel in meinen Händen fühlt sich weich an, er ist ganz leicht. Und er hält still. Ich auch. Ich hoffe, er findet das Prozedere nicht allzu scheußlich. Ich habe sowas von ein fettes Grinsen im Gesicht. Das Foto wird gemacht und ich muss die Vögel wieder hergeben. Eilig flitze ich auf mein Zimmer, denn der Fotograf will bezahlt werden. Ja, der Preis ist mir wurscht. Er hat mich glücklich gemacht, da zahle ich gern.
Den Rest der biederen Erwachsenen-Abendunterhaltung schenke ich mir dann.

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